„Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“

Trifft Mephistos Spott auch ARD und ZDF?

Bürgergedanken zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk und zum Sinn eines Bürgermedienrates sowie „Offene Fragen“ an Verantwortliche

 

Inhalt

(1) Alte Zöpfe
(2) … und ihr Wachstum ins Seichte
(2.1)  Wie weit darf man daneben sein?
(2.2)  Fortsetzung folgt nicht – das Schicksal guter Ansätze
(2.3)  Die Freiheit, seine Freiheit nicht zu nutzen
(2.4)  Wirrköpfe und Flachfunk
(3)  Zopfschutz: Tautologie statt Transparenz
(4)  Zopfrettung: Der Beitrag vor Gericht
(5)  Fazit

Hintergrund 1: Unkluge Klugheit? – Über Trickserei (zu Pkt.1)
Hintergrund 2: Unmögliche Möglichkeiten? – Über Selbstblockade (zu Pkt.1)
Hintergrund 3: Unbeaufsichtigte Aufsicht? – Über Helden, Inkompetente und Irrelevante ( Pkt.1)
Hintergrund 4: Ungebildete Bildung? – Über Bildungsphilister (zu Pkt.2.1)
Hintergrund 5: Unqualifizierte Qualität? – Über Visionslosigkeit (zu Pkt.2.1)
Hintergrund 6: Undemokratische Demokratie? – Über wachsende Anforderungen (zu Pkt.2.4)
Hintergrund 7: Unrichtige Richtigkeit? – Über Winkelzüge (zu Pkt. 4)

Nachsätze

Anhang: „Offene Fragen“ an Verantwortliche als „staatsbürgerliche Erkundungen“

Anmerkungen

Die Offenen Fragen:

Auswertung der Reaktion auf die Offenen Fragen

 

Vorbemerkung

Mephistos Spott: „Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“ wirkt wie auf ARD und ZDF gemünzt1. Doch der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ist eine demokratische Institution, in seiner Unreife grinst uns nur unsere eigene an: Wir Bürger hätten längst mehr dafür tun können, daß eine seriöse breite öffentliche Diskussion entsteht sowohl über den Rundfunk als auch über die Rundfunkgesetze, von denen abhängt, wie frei und fit ein Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk sein kann. Doch Qualität und Verfassung des Rundfunks haben uns nie so stark interessiert, daß sie je ein Wahlkampfthema gewesen wären. (Nur einmal war Fernsehen im Wahlkampf: Helmut Schmidt, der sich 1983 für einen fernsehfreien Abend zu Gunsten der Familie stark machte, verlor gegen die CDU, die eine „geistig-moralische Wende“ propagierte, und mehr Fernsehen versprach durch die Erlaubnis privater Sender…)

Im Gegensatz z.B. zur Atomkraft haben wir uns den Rundfunk protestlos bieten lassen1a. Bei so einem Sachstand müssen die Verantwortlichen davon ausgehen, daß wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Großen und Ganzen hinreichend in Ordnung finden. Wie sollen sie wissen, ob uns eine grundlegende Verbesserung und Weiterentwicklung Öffentlich-Rechtlicher Medien wichtig ist, wenn es dafür kein bedeutendes und ernstzunehmendes Engagement von uns gibt?

Die Einschätzungen, Urteile und Vorstellungen eines einzelnen Bürgers können dem Rundfunk und der Leistung der Verantwortlichen nicht gerecht werden. Wo meine Ausführungen unzulänglich sind, zeigt das: Für qualifiziertere und realistischere Rückmeldungen, Forderungen und Ideen bräuchte es die Zusammenarbeit vieler Bürger. (Dazu mehr im Fazit und im Anhang.)

 

(1) Alte Zöpfe

Ein Rundfunk, dem keiner reinreden kann, keine Macht und kein Geld, nützt allen, auch denen, die ihn nicht nutzen. Deshalb sollen ihn auch alle bezahlen. Doch den Beitrag einzuführen und alles andere zu lassen, wie es ist, war zopfig: Werden die Bürger strenger in die Pflicht genommen, weil der Rundfunk so nützlich sei, müßte auch der Rundfunk strenger in die Pflicht genommen werden bezüglich des Nachweises seines Engagements für Nützlichkeit.

Schützenhilfe dafür, möglichst wenig zu ändern, leistete ein juristisches Gutachten, das mit „Rechtsklugheit“ argumentierte, mit einer Akzeptanzspekulation: „Alte Steuer ist gute Steuer“2: Wenn für die meisten Bürger erstmal alles gleich bleibt, gibt’s kein großes Gemurre. (Warum das eine unkluge Klugheit ist: s. Hintergrund 1).

Die Umstellung auf eine verbindlichere Art der Finanzierung wäre eine Chance zur Entwicklung grundlegender Veränderungsperspektiven gewesen, „eine Chance für eine breite gesellschaftliche Debatte über eine fundierte Grundversorgung für alle“3. – Heute würde niemand mehr auf die Idee kommen, den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk so zu gestalten, wie er ist:

Die Programmvermehrung war eine fragwürdige Strategie. Gut: Man wollte mit Spartenkanälen verschiedene Zielgruppen erreichen. Man ist ihnen hinterhergelaufen. Die Gruppen bleiben unter sich, die Alten, die Jungen, die Bildungsbürger, die „Ottonormalverbraucher“. Der Rundfunk trägt dazu bei, die Bürger auseinander zu dividieren und verstößt damit gegen seine Integrationsfunktion. – Seine Aufgabe wäre stattdessen gewesen, die Kunstfertigkeit zu entwickeln, Attraktivität und Qualität so zu verbinden, daß niemand sich langweilt. Das schließt Spartenkanäle nicht völlig aus. Doch die jetzige Vielzahl der Programme hat nicht nur die Qualitätsentwicklung unterbunden, sondern bindet auch Ressourcen für die Entwicklungen, die notwendig sind, damit der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk im fundamentalen medialen Umbruch nicht abgeschlagen wird (Dazu mehr in Hintergrund 2: „Unmögliche Möglichkeiten?“.)

Genützt hat die Sparterei wenig: das Durchschnittsalter der Zuschauer ist über 60. Grundversorgung geht anders. Das muß man erstmal schaffen: mit 20 Fernsehprogrammen keine Grundversorgung hinkriegen! Es müßte analysiert werden, wie diese Fehlentwicklung möglich war, und wieso die Rundfunkaufsicht sie nicht verhindern konnte.

Die Rundfunkaufsicht wird durch gesellschaftliche Interessengruppen konstituiert. – Dieses Konzept stammt noch aus einer Zeit, in der es nicht mal Fernsehen gab! – Trotz der Zweifel von Fachleuten, ob diese Form der Aufsicht ihrer Aufgabe gerecht werden könne, wurde im Wesentlichen nie etwas überprüft, geschweige denn geändert, abgesehen von der Gründung einer Finanzaufsicht, weil man dem Rundfunk Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht zutraute. (Mehr dazu in Hintergrund 3: „Unbeaufsichtigte Aufsicht?“ )

Wenn alle zahlen, dürfen auch alle beaufsichtigen. Es gäbe jetzt eine Chance, neue Formen von Demokratie auszuprobieren: Gremien, die sich aus ausgelosten Bürgern zusammensetzen4. – Nein, nicht um über den Rundfunk zu bestimmen! Die Rundfunkfreiheit darf auch von der Rundfunkaufsicht nicht angetastet werden, sonst kann der Rundfunk seine Aufgabe, ein Korrektiv zu sein, nicht erfüllen! Aber um so wichtiger ist, daß aufgepasst und dokumentiert wird, was gemacht und was unterlassen wird, und daß kritische Fragen gestellt werden.

 

(2) Wachstum ins Seichte

(2.1) Wie weit darf man daneben sein? – Ein dem Markt enthobenes Medium hat eine größere Verantwortung dafür, Wichtiges in den medialen Mainstream einzubringen, statt bloß über das zu reden, über das alle reden. Doch es wurde jahrelang nur über Migrationssorgen berichtet, den Mietwucher ließ man in aller Stille vor sich hin wuchern. – Und während Frau Mioska in den Tagesthemen allen Ernstes behauptete, Deutschland würde massiv vom IS bedroht, wurde eine Recherche der TAZ zu einem rechtsterroristischen Netzwerk bei Polizei und Bundeswehr komplett ignoriert5. – Und es wurde herauf und herunter gedieselt ohne eine einzige Information, daß die Benzinautos nicht viel besser sind, aber wegen ihrer weit größeren Anzahl die weit größere Gesundheitsgefahr, und daß seit 20 Jahren Experten vorschlagen, für 400 Euro pro Gefährt die Mobilität zu entstauben6.

Der Abgeordnete Marco Bülow schreibt 2017: “niemand kann rechtfertigen, dass in 1,5 Jahren … sich fast jede zweite [Talkshow] generell mit dem Themenkomplex Flüchtlinge, Islam, Terror/IS, Populismus/Extremismus befasst hat. Aber nur in sechs von 204 Sendungen wurde über Armut und Ungleichheit diskutiert. … Klimawandel kam sogar gar nicht vor. … Die Themenauswahl spiegelt absolut nicht die tatsächlichen Probleme in unserer Gesellschaft wider und stellt damit ein Zerrbild der Wirklichkeit dar“. – Bülow fragt: „Wie sind die Entscheidungswege bei der Themenauswahl?… – Warum fallen Themen weg, die keine starke Lobby haben, die aber so viele Menschen betreffen …? Wann wurde mal über die Situation von Langzeitarbeitslosen gesprochen? Wieso diskutieren wir so wenig, warum Menschen sich immer mehr abgehängt fühlen?“7 – Was steht im Urteil, das 2018 dem Rundfunk den Beitrag zusicherte: Es wachse „die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe … die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden“8. – (Zu diesem Widerspruch befrage ich die Intendanten)

Empirische Belege sprechen dafür, daß die übertriebene mediale Aufmerksamkeit die Zahl der Terrorakte erhöht hat: Die Medien haben den Terroristen regelrecht bei ihrer Inszenierung geholfen9. Mit ihrer medialen Mitläuferei sind auch ARD und ZDF dafür mitverantwortlich. – Gut, der Journalismus war auf Art und Ausmaß dieses Terrors nicht vorbereitet. Deshalb käme es jetzt darauf an, eine Fachdiskussion zu initiieren zur Entwicklung journalistischer Selbstverpflichtungsstandarts bezüglich Terrorberichterstattung. Wer wäre dazu besser geeignet, als ein Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk? Doch macht er dazu irgendwas? (Das frage ich die Intendanten)

Der Rundfunk ist selbst da unbefriedigend, wo er gut ist: Die ARD dokumentierte die organisierte Finanz- und Steuerkriminalität der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und ihrer Kunden10. Doch der moralische Unterton der Sendung war irrational: Wenn Betrug zu leicht gemacht wird, sind die Betrogenen mitverantwortlich. Empörung ist unreif. Es geht um eine Analyse jenes Staatsversagens, das den globalen Finanzunternehmen eine Schwerkriminalität ermöglicht, gegen die die Räubereien der Neuköllner Clans wie Bubenstreiche wirken. – Doch schwerwiegender ist: Warum bleiben die Journalisten nicht dran? Warum gibt es keine Folgedokumentationen darüber, was Politik und Gesetzgeber nun unternehmen – oder nicht unternehmen?

Die Krimis und Fernsehspiele der Hauptabendprogramme sind zu oft sentimental, anbiedernd, klischeehaft und gehaltlos. Sie zementieren unsere Beschränktheit und bestätigen uns in unseren Gefühlsduseleien, statt uns zu Sichtweisen zu inspirieren, die wir nicht gewohnt sind, uns zum Denken anzuregen und Informationen und Kompetenzen zu vermitteln, die wir in unserem Umkreis nicht finden können. Eine solche Verbindung von Unterhaltung und Nutzen gelingen ARD und ZDF in den Krimis, Fernsehspielen und Kabarettsendungen ihrer Hauptabendprogramme nur selten und ansatzweise. (Eine Ausnahme ist allerdings die ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“.)

Die Aufgabe eines Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks ist es, das kulturell Verfügbare zur Verfügung zu stellen. Natürlich nicht in dem Sinne, daß z.B. der zweite Teil von Goethes Faust im Hauptabendprogramm dargeboten wird (obwohl: wenn man es richtig machen würde und ohne zu verraten, daß es der „Faust“ ist…) „Kulturell verfügbar“ heißt: das, was an Geist, Witz und Wert in unserer Kultur möglich geworden ist, medial breitenwirksam umzusetzen, wenn´s sein muß auch in Krimis. Horizonterweiterung mit Spaß dabei: das ist Bildungsauftrag im eigentlichen Sinne.

Wieviel ernster würden ARD und ZDF wohl genommen, hätte sie Serien wie „House of Cards“ „Games of Thrones“ oder „The Wire“ produziert? – Sicher, es ist unmöglich den Ausgang solcher Gedankenexperimente zu objektivieren. Es bleibt spekulativ. – Aber es gibt die Frage auf, warum es nicht versucht wurde! – Qualität und Quote dürfen für den teuersten Rundfunk der Welt keine Gegensätze sein! Es ist längst überfällig, mit dem Mythos aufzuräumen, Qualität und Quote seien nicht vereinbar! – Es ist selbstverständlich, daß die Hauptabendprogramme den Zuschauerbedürfnissen entsprechen müssen. Aber das Bedürfnis nach einem süßen Dessert kann mehr oder weniger zuckrig und fett, gesund oder ungesund erfüllt werden. Es gibt – zumal für den teuersten Rundfunk der Welt – nicht den geringsten in der Sache liegenden Grund dafür, daß ein Krimi, der für alle attraktiv sein soll, informationsarm ist, sein Plot schwächelt und die Schauspieler leiern. – Für einen öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zählt zur „prime time“ nur Qualitätsquote. Sonst entgilt der Rundfunk unsere Beiträge in ungültiger Währung.

(2.2) Fortsetzung folgt nicht: Das Schicksal guter Ansätze. – Während alte Zöpfe munter wachsen, scheinen gute Ansätze bei ARD und ZDF wenig beständig zu sein, geschweige denn, sich weiter zu entwickeln. Jede Journalistengeneration scheint die guten Ansätze neu herauskramen oder erfinden zu müssen. – In den 70ziger Jahren gab es die Sendereihe „Betrifft Fernsehen“, in denen das ZDF seine journalistische Arbeit reflektierte11 – Fast 50 Jahre später rufen zwei renommierte Fernsehjournalisten ihre Anstalten zu Arbeitsweisen auf, die eigentlich längst Standard sein müßten, wären die damaligen Reflexionen systematisch im Fernsehjournalismus umgesetzt worden12:

Johannes Hano befand: „wir sind zu oberflächlich“. Er meinte, die Bedeutung politischer Entscheidungen für die Lebenswelt zu vermitteln, erfordere „eine Hirnumdrehung höher zu schalten“.

Anja Reschke meinte, die Zukunft werde zeigen, ob die Journalisten „cool“ genug seien, um zu sagen: „Aus den und den Gründen halten wir den Begriff „Hetzjagd“ für angemessen“, oder ob sie Reizbegriffe distanzlos aufgreifen würden, der Gefälligkeit, der Sensation, der Quote wegen.

Auch im fiktionalen Bereich wurde Erreichtes nicht fortgesetzt: Der Spielfilm „Das Boot“ gehört mit zu den legendärsten Produktionen des deutschen Fernsehens überhaupt. Er blieb ein Einzelstück, etwas Vergleichbares gibt es nicht. Der damals verantwortliche Programmdirektor Dietrich Schwarzkopf meinte 35 Jahre später: „Ich verstehe es nicht so recht, warum da nicht mehr nachgekommen ist“13 (mehr von dem Interview in der Anmerkung). – Statt Sendungen zu entwickeln, die für alle attraktiv sind, entstanden immer mehr Spartenkanäle, Krimis und von den Privaten abgekupferte Formate – die einfallsloseste Art, Aufmerksamkeit zu bekommen: Gefälligkeit.

(2.3) Die Freiheit, seine Freiheit nicht zu nutzen. – Die Rundfunkfreiheit ist eine „dienende“ Freiheit14. Der Rundfunk hätte Rede und Antwort zu stehen, wie er ihrem Dienst genügt:
Warum war es nicht der „beste Rundfunk der Welt“ (so hoch gelobt von ARD-Programmdirektor Herres) der jene Attraktoren entwickelte, die die amerikanischen Serien so erfolgreich machten? Ein weiteres Mal laufen ARD und ZDF der Entwicklung hinterher mit fragwürdigem Ergebnis15.

Die Entwicklung der Kunstfertigkeit, Unterhaltung und Bildung so zu verbinden, daß es den Zuschauerbedürfnissen gerecht wird, gehört zu den ureigensten Aufgaben eines Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Was hat der Rundfunk unternommen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden? Wie wurde über Qualität diskutiert? Welche Forschungen wurden dazu in Auftrag gegeben, welche Entwicklungsprojekte in Angriff genommen, welche Experimentalreihen durchgeführt? Und was wurde diesbezüglich unterlassen und vernachlässigt? (Das frage ich die Intendanten und den ehemaligen Programmdirektor Dr. Struwe.)

Der Rundfunk braucht seinen Freiheitsspielraum nicht auszuschöpfen, um als frei zu gelten. Ohne öffentliche Diskussion über die Qualitätsentwicklung des Rundfunks gibt es für die Funktionäre kein Korrektiv bezüglich ihrer Beantwortung der Frage, was ihre Freiheit gebietet. Ohne eine rechtsverbindliche Rechenschaftspflicht ist die Rundfunkfreiheit Narrenfreiheit.

Die Serie „The Wire“, zeigt, wie informativ spannende Unterhaltung sein kann: Eine aufwändige verdeckte Ermittlung gegen eine mächtige Gang hat erste Ergebnisse vorzuweisen. Sie sind nicht dafür gedacht, Anklagen zu erheben, weil die Gang dann wüßte, daß sie beobachtet wird, und weil das belastende Material zwar für eine Anklage, aber nicht für eine Verurteilung ausreicht. – Ein hoher Polizeioffizier denkt darüber jedoch anders: Für seine Abteilung ist die Zahl der Anklagen pro Jahr als Erfolg definiert. Es entsteht die Absurdität, daß der Abteilungsleiter seinen Erfolg steigern kann, wenn er eine aufwändige laufende Ermittlung zerschlägt, indem er Anklagen erhebt, von denen er weiß, daß sie zu nichts führen. – Schließlich werden die engagierten Polizisten, denen es um die Sache geht, in die Aservatenkammer oder die Wasserschutzpolizei versetzt, weil sie die Abläufe stören, die zum institutionell definierten Erfolg führen16.

Man könnte fast auf die Idee kommen, so könne es auch beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zugehen: Ein Programmdirektor, der glaubt, mit Quizshows einen Beitrag zum Bildungsauftrag leisten zu können: hat der etwa seine Experten in den Requisitenkeller versetzt?17 – Wer nicht weiß, was Bildung ist, kann auch nicht dafür sorgen, das Bildende in der Unterhaltung stark zu machen. – Glücklicherweise sorgt die Kunst für sich selbst, sobald sie Gelegenheit dazu bekommt. Und so bringt die Kameraführung, die Musik oder die Leistung des einen oder anderen Schauspielers in so manchen seichten Krimi eine gewisse „Hintergründigkeit“, die durchaus „bildende“ Wirkung hat. Gegen die Übermacht des Trivialen und Sentimentalen haben diese bildenden Züge aber keine Chance. – Vielleicht tut mein Spott Programmdirektor Herres ja Unrecht. Aber wer ein fragwürdiges Ergebnis abliefert und dennoch behauptet, gut gearbeitet zu haben, sollte belegen können, wieso gute Arbeit hier wegen der Sachzwänge prinzipiell zu nichts Besserem führen konnte. Dafür wäre es notwendig, zu dokumentieren, was alles versucht wurde, um Qualität attraktiv zu machen. (Mehr dazu in Hintergrund 4: „Ungebildete Bildung?“)

Der ehemalige ZDF-Intendant Schächter bekräftigte in einem Aufsatz, daß der Aufmerksamkeitsmarkt Kompromisse bei der Qualität erfordere. Was er an Kompromissen beschreibt, wirkt wie der Bericht aus einer Kultur, die Innovation nur kennt in Form immer neuer Kombinationen vorgefundener Naturstoffe, weil sie noch keine Ahnung davon hat, daß man Stoffe chemisch zerlegen und zu neuartigen Werkstoffen verbinden kann, mit denen neuartige Dinge möglich sind18.

Der Produzent Thomas Kufus meinte: „Einer der vielen öffentlich-rechtlichen Sender sollte erklären: So, dieser Sendeplatz gilt ab sofort als Laboratorium. Hier probieren wir die Formate für das Fernsehen von morgen aus. … Meiner Ansicht nach müßte eine politische Entscheidung hierfür den Weg bereiten, weil man ihn von den Fernsehmachern nicht unbedingt erwarten kann“19 (Kufus würde auf den zweiten Blick sicher seine Idee verwerfen, einen freien Rundfunk zwingen zu wollen, seine Freiheit zu nutzen. Doch ARD und ZDF sollten sich fragen: wie kommt er wohl auf diese Idee?

Die institutionelle Einfalls-, um nicht zu sagen Ahnungslosigkeit, ist erklärungsbedürftig. Meine Vermutung: Das sich Mitarbeiter für die Entwicklung einer Qualitätsvision engagieren, war institutionell nicht vorgesehen, wurde als „Bremse“ aufgefaßt und in keiner Weise „belohnt“. (Mehr dazu in Hintergrund 5: „Unqualifizierte Qualität?“ ) – Es gilt, herauszufinden, was geändert werden muß, um Qualitätsentwicklung zu erleichtern und Fehlentwicklungen schneller zu bemerken. – Der Rundfunk braucht ein besseres Korrektiv. Da ist auch die Initiative von uns Bürgern gefragt. Bisher haben wir immer bloß gemeckert über das, was auf den Tisch kam, aber nie einen Blick in die Küche geworfen. Die Erwartung, daß uns ein ganz toller Bürgermedienverbund fertig hingestellt wird, ist infantil.

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Rundfunkqualität referriert aus Aufsätzen von E.Elitz und D.Stammler, ehemals Intendant und Justiziar des Deutschlandradios:

„Bei seinem Plädoyer für eine intensive Diskussion über Qualitätsstandards für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit nachprüfbaren Standards und Maßstäben für Qualitätsprogramme… bedauert Elitz … dass eine solche Debatte von keinem großen Interesse befördert werde und die Medienpraktiker sowie die Produzenten einem selbstreflektorischen Ansatz fern stünden. …
Angesichts eines zunehmenden Unbehagens an der Entwicklung des Rundfunks in maßgebenden Teilen der Gesellschaft stelle sich die Frage, wie die Berechtigung dieser Kritik mit der gebotenen Sachkunde und Unabhängigkeit überprüft werden könne und ob es möglich sei, hierüber »einen gesellschaftlichen Diskurs zu organisieren, der nicht folgenlos bleibt«. Die bestehenden Institutionen der Medienaufsicht … seien damit »offenkundig überfordert«. Es fehle … an einem »systematischen Verfahren der Programmevaluierung und sowohl im öffentlich-rechtlichen wie im privaten Rundfunk an Aufsichtsorganen, die nach ihrer Zusammensetzung und Funktionsweise auch tatsächlich in der Lage wären, eine effektive inhaltliche Aufsicht über die Programme auszuüben«. – … – Als denkbare Plattformen nennt er [Stammler] einen institutionalisierten »Medienrat« … Als Instrumente schlägt er u.a. die Erstellung regelmäßiger Berichte über programmliche und strukturelle Entwicklungen im dualen Rundfunksystem vor, weiter die Veranstaltung von Anhörungen (auch öffentlichen) und Diskussionsforen … Um so wichtiger sei es, »in dieses Geschehen Transparenz nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in programmlicher Hinsicht zu bringen, Öffentlichkeit herzustellen und die zivilgesellschaftlichen Kräfte zu bewussten Mitakteuren … zu machen. – … Die Gremien seien »für eine systematische und effektive Programmevaluierung … nach Zusammensetzung und Funktionsweise noch nicht gerüstet«“20.

Diagnose und Indikation sind längst gestellt. Doch die Öffentlichkeit scheint sich nicht dafür zu interessieren, was Rundfunk und Politik tun, um dem Handlungsbedarf gerecht zu werden – und was sie nicht dafür tun… Stattdessen empörte Ereiferung, daß es keinen „Brennpunkt“ zur brennenden „Notre-Dame“ gab. Wenn die Öffentlichkeit nicht ganz bei Trost ist, braucht man sich nicht darüber zu wundern, wenn der Rundfunk auch nicht ganz bei Trost ist.

(2.4) Wirrköpfe und Flachfunk. – Es ist ein gesellschaftlicher Verständigungsbruch, wenn Mitbürger in Verschwörungstheorien abdriften, aus denen sie nicht mehr herausfinden, weil sie jedes Gegenargument nur noch als verlogen oder naiv auffassen können. – Wie kam es dazu, und was hat der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk dagegen getan?

Seit den 90ziger Jahren kriegten wir Bürger von Politik und Medien bei jedem verordneten Verzicht zu hören: „Geht leider nicht anders, sonst wird es euch noch schlechter gehen“. Wir erlebten, daß mit diesem Argument unsere Interessen immer zu Gunsten der Wirtschaft zurückgestellt wurden. Und jeder der an dem Argument zweifelte, wurde abgekanzelt, keine Ahnung von den Sachzwängen zu haben. Uns wurde vorgeworfen, wir seien zu ansprüchlich und zu unrealistisch, wir sollten mal nach Tschechien oder Polen schauen, und wenn wir nicht bereit seien, auf noch mehr Lohn zu verzichten, müßte man den Rest unserer Arbeitsplätze eben auch noch dahin verlegen. – Das Vertrauen schwand, daß die guten Gründe der Bürger noch was zählten.

Die erste Neuauflage der „Montagsdemos“ mit ihren „Wir-Sind-Das-Volk“-Rufen gab es 2004 nach der Einführung der Agendagesetze, nach der zeitweise 40 Prozent der Ost-Deutschen Minijobber wurden21. – Nachdem 15 Jahre lang die Heiligkeit des Marktes und das Teufelswerk der Regulierung gepredigt worden war, brachen dann 2008 die deregulierten Finanzmärkte zusammen. Und wieder hieß es: „Wenn die Banken die Verantwortung für ihr Fehlverhalten übernehmen müssen, wird es bloß schlimmer. Die Bürger müssen für sie gradestehen. Is´nicht toll, geht aber nicht anders!“ – Die märchenhaften Gewinne der Finanzakteure blieben unangetastet, die Verluste trugen wir Steuerzahler.

Möglicherweise war das ja wirklich das kleinere Übel, aber es strapazierte das Vertrauen in die Politik ein weiteres Mal – zumal keiner der Marktschreier aus Politik und Medien den Mumm hatte, mal zuzugeben, daß sie den Finanzleuten auf den Leim gegangen waren. Eine öffentliche Fehleranalyse fand nicht statt. – Es wäre Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewesen, eine Diskussion darüber zu entfachen und die Politiker Rede und Antwort stehen zu lassen, wie es möglich war, von etwas so Irrigem so vollmundig und besserwisserisch überzeugt zu sein. Denn ohne Fehleranalyse fragt man sich: Haben die was aus ihren Fehlern gelernt, oder wann scheitert die nächste irrige Überzeugung, die die Politiker jetzt noch mit Zähnen und Klauen als die einzig realistische Sicht der Dinge verteidigen?

Eine Politik, die das Benachteiligen von Bürgern ständig rationalisiert, muß sich nicht wundern, wenn die Benachteiligten irgendwann irrational werden: Wer erlebt, daß seine Gründe nie was gelten, wird irgendwann den Gründen den Stinkefinger zeigen. (Mehr dazu in Hintergrund 6: „Undemokratische Demokratie“)

Was haben ARD und ZDF nach der Wende dafür getan, um der Marktschreierei entgegenzuwirken, die im Begriff „marktkonforme Demokratie“ gipfelte – ein Begriff, der ein bestürzendes Unverständnis von Demokratie offenbart? – Was wurde getan, um das Problembewußtsein zu fördern bezüglich des Konfliktes zwischen der Notwendigkeit von Lobbyismus und Expertise und ihren demokratiegefährdenden Tendenzen? Und was, um die guten Gründe der Bürger gegen die der Politik zur Geltung zu bringen?

Was haben ARD und ZDF überhaupt für ein Konzept bezüglich des Zur-Geltung-Bringens von Bürgergründen? Es reicht nicht, uns bloß zu Wort kommen zu lassen und unser Wort allenfalls verständnisvoll zu kommentieren. Es geht nicht darum, Bürgern nach dem Munde zu reden, sondern Politikern auf den Zahn zu fühlen. Es geht darum, aus Worten Taten zu machen, in Form von Fragen und Nachfragen, und Nachfragen zu Nachfragen… – Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk wird dafür frei gehalten, ein Fels im medialen Strom zu sein, kein Sand. Doch statt konfrontierende Interviews durch Fachjournalisten gibt es Talkshows über Talkshows, bestritten von moderaten Moderatoren oder gar Showmastern und Traumschiffkapitänen.

Die eben zitierte Studie der F. Ebert-Stiftung faßt Kritik aus den 90ziger Jahren zusammen: „Die Kritiker appellieren immer wieder an die öffentlich-rechtlichen Sender und ihre Redaktionen … mehr Mut zu beweisen und sich auch mit solchen Themen zu beschäftigen, die aus dem Blickfeld geraten sind. … Mut wird propagiert zu unbequemen Interviews und deutlichen Fragen“. – Eine Kritikerin schrieb über Christiansens Talkshow: »Politiker aller Farben nutzen die Gratis-Bühne, um sich vor Millionenpublikum zu produzieren. Oft gibt es nicht mal mehr klar erkennbare Themen. Jeder darf sagen, womit er gerade am meisten angeben kann. Richtig auf den Zahn gefühlt wird niemandem.«22

 

(3) Tautologie statt Transparenz

Wenn Rundfunkfunktionäre, Richter und Politiker über den Rundfunk reden, fällt eine tautologische Struktur auf: Der Rundfunk wird von Markt und Macht freigehalten, damit er hochwertig sein kann, also muß er hochwertig sein, weil er freigehalten wird. Und er wird beaufsichtigt, damit alles in Ordnung ist, also muß alles in Ordnung sein, weil er beaufsichtigt wird. – Doch wer würde aus der Tatsache, daß es Polizei gibt, schon schließen, daß sie hinreichend gut ausgestattet ist? Und aus der Tatsache, daß ein Künstler finanziell nicht auf den Kunstmarkt angewiesen ist, daß er gut ist? – Hier wird „wirklich“ und „möglich“ notorisch verwechselt. Das ist schon seltsam.

So z.B. der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident H.J.Papier 2013: Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sei „die Informationsquelle…, die Gewähr für Objektivität und Binnenpluralität bietet, weil sie weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe noch den Anzeige- und Werbekunden ausgeliefert ist“23. – Angemessene Größe und hinreichende Qualität wurden bisher bei jedem Rundfunkurteil stillschweigend vorausgesetzt. Eine gerichtliche Auflage, nachzuweisen, wie man sich um bessere Alternativen bemüht und wegen welcher Sachzwängen man sich dagegen entschieden hat, gab es nie. Auch vor Gericht hat der Rundfunk Narrenfreiheit24. – Freilich gibt es ein grundsätzliches Problem: Wie will man öffentlich-rechtliche Qualität definieren?24 Gibt es keine Definition, gibt es auch keine Überprüfbarkeit, und dann bleibt es bei der Narrenfreiheit. – Meine Idee dazu: der Rundfunk hat nicht Qualität nachzuweisen sondern sein Engagement für Qualität zu dokumentieren um es diskutierbar zu machen.

Das Verschanzen hinter Freiheit und Aufsicht erschwert die Diskussion: Wer behauptet, daß der Rundfunk seinen Auftrag verfehle, kann das genaugenommen nicht aus dem Programm ableiten, denn es könnten ja die Sachzwängen des Aufmerksamkeitsmarktes daran schuld sein, daß nichts besseres herauskam. Vielleicht hält der Rundfunk ja, heroisch sich anstemmend gegen steigende Fluten, die letzten trockenen Zipfel seines Auftrags hoch! – Ohne untersucht zu haben, wie der Rundfunk seinen Auftrag vollzog, kann Meckerei nicht wissen, ob sie bloß unterstellt und vorverurteilt. Das bedeutet aber: Wenn der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk darauf pocht, in Ordnung zu sein, weil er frei und beaufsichtigt sei, dann soll er auch zeigen, über welche Verfahren zur Qualitätsentwicklung und -diskussion er verfügt und wie sie verfuhren. Wie kam es zu der Entwicklung, daß trotz mehr und immer mehr Geld nie wieder die Verbindung von breitenwirksamer Attraktivität und künstlerischer Höhe erreicht wurde, die den Film „Das Boot“ auszeichnen?

Ohne Dokumentation bleibt etwas der Beobachtung und Beurteilung entzogen. Da kann ja jeder kommen und behaupten: die Sachzwänge seien schuld, daß nichts besseres dabei herausgekommen sei! – Abgeschottetes mutiert: „In allen Instituten, in welche nicht die Luft der öffentlichen Kritik hineinweht, wächst eine unschuldige Corruption auf, wie ein Pilz“ (Friedrich Nietzsche, „Menschliches, Allzumenschliches“25).

 

(4) Zopfrettung: Der Beitrag vor Gericht

Wenn wir nicht mehr entscheiden können, ob der Rundfunk uns das Geld wert ist oder nicht, wenn wir ihn nicht mehr „abbestellen“ können: ist es dann fair, wenn alle Haushalte wie bei der früheren Gebühr belangt werden, eine geringverdienende Alleinerziehende in der Marzahner Platte genauso wie eine superreiche Großfamilie in ihrer Villa am Wannsee? Schafft der Verlust an Selbstbestimmung über die Haushaltskasse nicht eine neue Situation, die zu einer einkommensabhängigen Abgabe führen müßte?

Einfach scheinen es sich die Verantwortlichen nicht gemacht zu haben mit der Neuregelung der Rundfunkfinanzierung26. Doch die Chance grundlegender Erneuerung scheinen sie gescheut zu haben. – (Wir müssen uns allerdings fragen: Welche politische Kultur haben wir uns geschaffen? Ist es für Verantwortliche zumutbar, Neuerungen zu riskieren? – Sind wir nicht selber schuld an alten Zöpfen, wenn wir Nachteile, die mit Neuerungen verbunden sind, so abstrafen, daß wir für´s Entzopfen Helden bräuchten? (B.Brecht: „Traurig ein Land, das Helden nötig hat“.)

Die Verfassungsrichter ließen den Rundfunkbeitrag nicht wegen seiner bestechenden Logik durchgehen, sondern weil sie fanden, für die jetzige Regelung gebe es „ausreichend Sachgründe“ (den minimalen Verwaltungsaufwand), und die damit verbundene Ungleichheit bleibe in einem Bereich, der „verfassungsrechtlich hinnehmbar“ sei27 – auf gut Deutsch: es sei unangemessen, wegen siebzehnfufzig im Monat groß Umstände zu machen.

Doch der „Stich“, den der Beitrag hat, wird spürbar bei der Frage: Warum bedankt sich keiner mal bei den „Härtefällen“, daß sie den Rundfunk tapfer mittragen, obwohl ihnen die 18 Euro richtig wehtun – z.B. der alleinlebenden Rentnerin mit 900 Euro Rente? – Da der Rundfunk als individualnütziger Vorteil gilt, den jeder Bürger erhält, klänge Dank komisch, denn die Rentnerin kriegt ja nicht weniger für ihr Geld geboten, als alle andern auch! Muß ein Metzger Arme netter bedienen als Reiche? Wurst ist Wurst.

Forscht man dem „Stich“ nach, stößt man auf viele Nachteile: Man darf über den Beitrag nicht nachdenken, sonst wirkt er wie ein Winkelzug, der der Glaubwürdigkeit von Politik, Rundfunk und Rechtsstaat schadet: Der Beitrag ist ein Entgelt für ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Soetwas kannten wir bislang nur von der Mafia. – Darüberhinaus schmälert er den Realitätsbezug des Rundfunks und behindert entweder seine Entwicklung oder seine Freiheit. (Gründe dafür in Hintergrund 7: „Unrichtige Richtigkeit?“) – Ob diese Nachteile erheblich sind oder nicht werden wir sicher nicht dadurch rauskriegen, daß wir gar nicht über sie reden…

Das Urteil der Richter kann leicht falsch verstanden werden. Sie hatten nur darüber zu befinden, ob der jetzige Beitrag mit der Verfassung vereinbar ist, nicht, wie gut er der Sache gerecht wird. Sie fanden ihn lediglich „ausreichend“ und „hinnehmbar“, also nicht gerade toll. Sie haben die Finanzierung gesichert, indem sie befanden, daß wir das so machen können. Jetzt kann die Diskussion beginnen, ob wir das wirklich so machen wollen. – Denn was spricht denn eigentlich dagegen, daß wir Bürger sagen: „Kommt, laßt uns zusammenlegen für Bürgermedien! Jeder gibt, was er kann!“?

 

(5) Fazit

Weil einem freien Rundfunk nicht reingeredet werden darf, ist es nötig, mit ihm zu reden.
Wollen wir wirklich abwarten, ob der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk je einmal Möglichkeiten für Bürgerdialog entwickelt? – Es gäbe längst die Möglichkeit, daß wir Bürger uns im Internet zu einer Stimme zusammenschlössen, die in der Öffentlichkeit immer unignorierbarer wird. Nicht um Wut abzulassen, es besser zu wissen oder Interessen durchzusetzen. Sondern um Fragen zu stellen und Ideen zu diskutieren28.

Erste Interaktionen zwischen Bürgern und Rundfunk sind zwar mißlungen: Als Bürgerinitiativen von zwei Anstalten forderten, die Trivialisierung von Radioprogrammen teilweise rückgängig zu machen, reagierten die Funktionäre beleidigend oder beleidigt. Im Norden beschimpften sie die Bürger als „Kulturajatollahs“, in Hessen fühlten sie sich „herabgewürdigt“29. Doch das Menschlich-Allzumenschliche muß uns beim Dialog zwischen Bürgern und Rundfunk die wenigsten Sorgen bereiten: Wozu gibt´s Familientherapeuten? – Möglicherweise haben die Bürger zu viel Druck gemacht, um ihre Interessen durchzusetzen. Möglicherweise wäre es anders gelaufen, hätten sie bloß eine öffentliche Diskussion gefordert, in der ergebnisoffen aber kontrovers und gewissenhaft die Gründe für und wider die trivialisierende Kompromißbildung noch einmal abgewogen worden wären.

Der Rundfunk ist ein Auge zur Welt. Es ist mächtig gewachsen – aber war noch nie beim Arzt.

 

 

Hintergrund 1: Unkluge Klugheit?

Die von Gutachter Kirchhof vorgebrachte „Rechtsklugheit“ ist entfernt verwandt mit dem heimlichen Trinken von Alkoholabhängigen: mit dem Versuch, sich an einer Diskussion vorbeizustehlen. – Ob die Einschätzung der Folgenlosigkeit ihrer Redeverweigerung zutrifft, erfahren die Verweigernden irgendwann aus erster Hand: von der Wirklichkeit selbst… – Sicher: Diese Überlegung ist sehr prinzipiell. Schon die Maxime, nach der Abhängige verheimlichen: „die andern brauchen nicht immer alles zu wissen“, ist – so fatal sie werden kann – nicht völlig irrational: „Wer immer ganz offen ist, ist nicht mehr ganz dicht“, sagt der Volksmund. – Außerdem werden – im Gegensatz zu Abhängigen – die Folgen unoffenen gesetzgeberischen Handelns – Glaubwürdigkeits- und Legitimitätseinbußen – nie eindeutig auf die manipulative Vermeidung von Kommunikation zurückführbar sein, dafür ist das Geschehen zu multifaktoriell und diffus. Genau das ist ja das Bestechende an solchen Versuchen: Es wird sich nie eindeutig nachweisen lassen, daß sie ein Fehler waren.

Doch wer lügt und verheimlicht oder auch bloß mit Gefälligkeit oder „Rechtsklugheit“ vorsätzlich Diskussion demotiviert, bleibt in seiner Welt. Das gilt gleichermaßen für Einzelne, Gruppen, Institutionen und – wie im Fall von Autokratien – für politische Systeme. Unoffene müssen auf das korrektive Potential des Diskurses verzichten – und je mehr sie darauf verzichten, je mehr werden sie zu Hinterwäldlern. – Vor allem in dieser Hinsicht muß Lügen und Tricksen gelernt sein, denn Leben ohne Lügen geht nicht: Wer strategische Unoffenheit nutzt, sollte sich kompetent fragen können: „Wie schätze ich den möglichen Mangel an Realitätsprüfung ein, der mit Trick und Lüge verbunden ist, und wie kompensiere ich im Vorfeld möglichst viel davon? Wie vorsichtig muß ich sein, und wie kriege ich, wenn ich nicht Rede und Antwort stehe, die Veränderungsbereitschaft hin, um auf die Rückmeldungen der Realität hinreichend zu reagieren?“ – Wie bei allen Selbsthilfegruppen liegt der Erfolg der Demokratie darin, daß mehr Austausch zu mehr Realitätsprüfung führt. Es ist für Politiker in Demokratien schwerer, hinterwäldlerisch zu werden, als für Autokraten.

Der Soziologe Offe empfiehlt gegen Bürgerverdrossenheit: daß wir Bürger den Institutionen Lügen zugestehen und ihnen im Gegenzug versichern, daß wir entsprechend wachsam und argwöhnisch sind: „Die Politik ist nur so ehrlich, wie Institutionen wirksam sind, die Unehrlichkeit riskant machen. … Falsche Aussagen kommen dann zwar unvermeidlich vor, aber institutionelle Mechanismen der Aufdeckung und Korrektur sorgen dafür, daß sie keinen gravierenden Schaden anrichten“30.

Doch wer sorgt dafür, daß die institutionalisierten Korrektive funktionieren „und nicht nur den fälschlichen Anschein erwecken, diese Funktion der ‚kognitiven Hygiene‘ für Politik und Gesellschaft zu erfüllen?“31 – Die Überprüfung der institutionalisierten Realitätsprüfung ist, laut Offe, nicht vollständig institutionalisierbar32. Sie ist ohne engagiertes Beobachten und Mit-denken der Bürger nicht zu haben. – Hinzuzufügen wäre: Daß eine Zivilisation um so „klüger“ organisiert ist, je weniger heldenhaft die Bürger sein müssen, um diese ultimative korrektive Funktion zu leisten, je weniger Fleiß und Mut dafür erfordert ist. Hier könnten die Institutionen vorarbeiten: Mit Transparenzregeln, Informationsplattformen und Dialogstrukturen.

Der Rundfunk darf wie jede Institution seine strategischen Unoffenheiten pflegen. Aber seine Vorkehrungen der Realitätsprüfung müssen jederzeit einer Realitätsprüfung unterzogen werden können. – Denjenigen, die behaupten, die Aufsichtsgremien seien für die Realitätsprüfung hinreichend, obliegt die Beweislast, daß das tatsächlich der Fall ist. Solange die Arbeit der Gremien nicht evaluiert wird, ist die Öffentlich-Rechtlichkeit des Rundfunks Ideologie.

 

Hintergrund 2: Unmögliche Möglichkeiten?

(1) Offenbar ist der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk für den medialen Umbruch noch nicht gerüstet, sondern droht, abgehängt zu werden. Der Medienproduzent Markus Heidmeier schreibt33: … die Investitionen von ARD und ZDF in technologische Innovationen [sind] viel zu gering, … die Rundfunkanstalten [verfügen] nicht über die Organisationsform, in der schnelles innovatives Denken und Entwickeln zu innovativen Strukturen oder Produkten führt.“ – Erfordert sei eine „Konzentration auf die strukturelle Weiterentwicklung der Organisationen hin zu digitalen Medienorganisationen die ihre Kräfte bündeln, um eine gemeinsame digitale Produktion und vor allem eine gemeinsame digitale Verbreitung zu organisieren … um aus öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Struktur öffentlicher Medien … zu entwickeln“

Christian Bergmann Mitgründer der Suchplattform „Paul Open Search“ schlägt die Schaffung einer „Medienplattform“ vor, die die Möglichkeit bietet, „Video- und Audiobeiträge sowie Publikationen [zu einem bestimmten] Thema an einer zentralen Stelle gebündelt im Netz zu finden“34.

Die Initiative „Grundversorgung 2.0“ der Uni Lüneburg konstatierte schon 2013: “Filterung … durch Algorithmen birgt die Gefahr, in eine selbstaffirmierende „Filterblase“ zu geraten. Die Entwicklung von Werkzeugen für die informierte Navigation der wachsenden Informationsflut steht noch ganz am Anfang. – Öffentlich-rechtliche Medien sind hier besonders gefordert. … Um die Auffindbarkeit von Grundversorgungsinhalten zu gewährleisten, stehen sie vor der Herausforderung, neue Formen der Navigation … sowie Inhalte und Formate für die Zeit nach dem Programm zu entwickeln“35.

Was spricht eigentlich dagegen in einer so grundlegenden Umbruchsituation, deren Dynamik nicht vorhersehbar war, die Ausnahmecharakter hat, die erforderlichen neuen medialen Strukturen aus staatlichen Mitteln zu finanzieren und dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gesetzlich zu übereignen? So könnte z.B. eine europäische öffentlich-rechtliche Suchmaschine geschaffen werden, die Google den Wind aus den Segeln nimmt. (Das frage ich die Medienpolitischen Sprecher der Parteien.)

Es hat schon seine Ironie: Man muß einen Vertrag mit Google abschließen, um das Protestvideo von Rezo zu sehen. Das Aufbegehren der Jugend ist von Beginn an vereinnahmt – wie in Goethes Faust der Teufel in Gottes Schöpfung. (In einer Beilage zum „Spiegel“ vom 5.10.19 wirbt Google mit Rezo.) – Mit ein wenig mehr Pfiffigkeit hätte der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk längst einen eigenen Videokanal, den er engagierten Bürgern – und vor allem der Generation der Zukunft – zur Verfügung stellen könnte. Das wäre die ureigenste Aufgabe von Bürgermedien, um den Anteil von uninstitutionalisierter Korrektivität zu fördern, dessen die Demokratie bedarf (s. Hintergrund 1). Es kann nicht sein, daß ein Teil der dafür notwendigen Medialität in der Hand privater Monopole liegt. – (Der ehemalige Verfassungsrichter Hoffmann-Riem rügt: Mit der „Einwilligung“ in die AGB unterliefen die Datenkonzerne den Grundrechtsschutz. Mangels Konkurrenz bleibe immer mehr Nutzern von „social media“ nur die Alternative, einzuwilligen oder in ihrem Bekanntenkreis ins Abseits zu geraten. Diese „gestörte Vertragsparität“ ermögliche den Konzernen „Ermächtigungen“, mit denen sie ihre „Handlungsspielräume zu Lasten der Nutzer ausdehnen können“36. – Das Vertrauen der jungen Leute in die Datenkraken ist ein Abkömmling des Vertrauens in die Eltern: Womit Papa und Mama einen spielen lassen, kann nicht böse sein. Dieses archaische Programm ist in der natürlichen Umwelt entstanden, an Pflanzen und Tieren, die nicht so schnell mutieren können, wie menschliche Einrichtungen. – Enzensbergers Gedicht „Geburtsanzeige“ hat an Aktualität nichts verloren: „Wenn nicht das Bündel, das da jault und greint… was wir ihm angerichtet kalt zerrauft… ist es verraten und verkauft“…)

(2) Intendant Marmor berichtete von den guten Erfahrungen der NDR-Journalisten, wenn sie auf öffentlichen Veranstaltungen den Bürgern erklärten, wie Recherche funktioniere. Marmor lobte, daß viele Kollegen das sogar in ihrer Freizeit täten. Geld sei für sowas leider nicht da, deshalb könne man diese Aktivitäten nicht ausweiten12. – Seltsam: 8 Milliarden jährlich, doppelt so viel, wie in andern Ländern, aber kein Geld für Bürgerdialog? – Ein Teil des Nötigen müssen die Rundfunkleute ehrenamtlich in ihrer Freizeit machen: das wirkt schlichtweg nicht solide. – Was würden wir von einem Bildungswesen halten, daß sein Geld mit dem Heranbilden von Profi-Fußballern verpulvert, aber Förderklassen nur in der Form kennt, daß die Lehrer sie ehrenamtlich am Feierabend abhalten?

Immerhin scheinen die Intendanten verstanden zu haben, daß der Bürgerdialog ein Ausweg aus der Glaubwürdigkeitskrise der Medien sein könnte. „Kollaborative Intelligenz“ nennt das ein führender Medienwissenschaftler und umreißt eine Medienutopie: „Das Publikum wird zum Dialog- und Diskurspartner in einem Klima wechselseitiger Inspiration. … Die professionelle Expertise des organisierten Journalismus verdankt sich damit nicht mehr allein einem Informations- und Wissensvorsprung, sondern der Kunstfertigkeit, mit der man Kommunikationsprozesse initiiert und schöpferische Dialoge moderiert und kuratiert“37.

 

 

Hintergrund 3: Unbeaufsichtigte Aufsicht?

W. Hömberg (2008)38 belegt, wie die Politik sich von Anbeginn der Rundfunkgremien bemächtigte und sogar das Verfassungsgericht austrickste.

Der Fernsehjournalist Bertram zitiert Franz Barsig, bis 1978 Intendant des Senders Freies Berlin: „Der Druck der Parteien wird von Jahr zu Jahr stärker und er hat in einem Maße zugenommen, daß dadurch praktisch das ganze System in Frage gestellt ist“38a. – Ähnlich HR-Chefredakteur Sternburg in den 80ziger Jahren: „Personalplanung nach rein sachlichen Kriterien war kaum möglich“ … „Mit welch zynischem Machtwillen viele Parlamentsvertreter in den Rundfunkgremien die Interessen ihrer jeweiligen Parteien vertreten, mit welcher Niveaulosigkeit sie häufig argumentieren und handeln, das kann sich selbst der schärfste Parteienkritiker kaum vorstellen. Es geht ihnen nur in den seltensten Momenten um Bürgeraufklärung oder journalistische Qualität, um Grundversorgung, Bildung und Kultur, um die Jugend oder die Demokratie, es geht ihnen vor allem um die Machtfrage, und die stellen sie mit aller … Konsequenz“38b. – Bertram zitiert aus einem Spiegelartikel. „Unverfroren haben machtbewußte Politiker willfährige Parteigänger in Schlüsselpositionen befördert. Jetzt werden die Folgen erkennbar: Überall in den Redaktionen gedeihen Einschüchterung und Selbstzensur. Wichtiges, Brisantes wird von den öffentlich-rechtlichen Medien weithin nicht mehr ausgelotet“38c. – Als Beispiel, wie die Politik in die Sender reinregierte bringt Bertram die Versetzung des für „Panorama“ verantwortlichen Redakteurs Rüdiger Proske38d. (Andere prominente Beispiele: Franz Alt und Chefredakteur Brender.)

Sicher: So skandalös diese Eingriffe der Politik auch sind: ohne Aufarbeitung bleibt es spekulativ, inwieweit das die Entwicklung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks maßgeblich beeinflußt hat. (Und inwieweit die immer noch stark in den Gremien vertretenen Parteien ihn immer noch beeinflussen.) Aber bemerkenswert ist, daß der Rundfunk sich gegen die Eingriffe und Mogeleien der Parteien zu Ungunsten seiner Freiheit nie gewehrt und dennoch immer alles beansprucht hat, was nur einem Rundfunk zusteht, der wirklich frei ist. (Mehr dazu in meinem Aufsatz: „Nicht zuständig für die eigene Freiheit?)

Bemerkenswert ist auch, daß er beansprucht, eine Autorität gegen Fakes zu sein, aber sich über die Fakes ausschweigt, die er in seiner Geschichte bezüglich seiner Freiheit durchgehen ließ (und möglicherweise immer noch durchgehen läßt). Statt 120000 € für Framingstuß auszugeben, wäre es besser gewesen, für das Geld Historiker zu engagieren die diesen Teil seiner Geschichte aufarbeiten, um belegen zu können, wie frei er sich dennoch entwickeln konnte – aber auch um eventuell belegen zu können, was durch die Mogeleien verbogen und zu kurz gekommen ist und jetzt als Korrektur- und Nachholbedarf anerkannt werden muß.

Hömberg berichtet auch von einer alten grundlegenden Kritik an der Konzeption der Rundfunkaufsicht: Die Aufsicht liegt in den Händen „gesellschaftlich relevanter Gruppen“. Das heißt: Es haben diejenigen Einfluß, die gesellschaftlich sowieso längst Einfluß haben – und nicht zu knapp, wie wir bei den Parteien gerade gesehen haben. Das ist nicht demokratisch. – „Gesellschaftlich relevante Gruppen“ ist ein Euphemismus für „Interessengruppen“. Die Eigeninteressen hat man versucht dadurch auszugleichen, daß den Vertretern auferlegt wurde, nicht die Interessen ihrer Gruppe zu vertreten sondern das Allgemeininteresse. – Man kann sich über diese Naivität bloß wundern. Eine Institution, die nur ordnungsgemäß funktioniert, wenn ihre Agenten Heilige sind, Helden der Selbstlosigkeit, muß auf unserem Zivilisationsniveau schlichtweg als Lapsus gelten.

Hinzu kommt: Die Vertreter der „relevanten gesellschaftlichen Gruppen“ sind meist einkommensstark. Siebzehnfuzig im Monat ist für die Fliegendreck. – Wie anders wären sie wohl engagiert, wenn es einen einkommensabhängigen Beitrag gäbe, der manchen von ihnen 100 oder 200 Euro Rundfunkbeitrag pro Monat abverlangte? – Von den Geringverdienern, die von allen Bürgern den größten Gehaltsanteil für die Rundfunkfinanzierung aufbringen müssen, sitzt keiner in den Gremien. Logisch: Die Gruppe der Geringverdiener ist ja gesellschaftlich auch nicht relevant…

Fragwürdig und unevaluiert war die Aufsicht immer schon. Unter Fachleuten wird sie immer fragwürdiger:

Heiko Hilker (2013)40, ein Gremienmitglied, kritisiert den Mangel an Zeit, Kompetenz und Interesse vieler Gremienmitglieder, aber auch ihre Machtlosigkeit gegenüber den Intendanten.
Medienexperten von der Uni Lüneburg41 rügen die Intransparenz der Gremienarbeit, sie wirke, verglichen mit den Gremien Öffentlich-Rechtlicher Sender im Ausland, „anachronistisch“.
Medienexperte Lutz Hachemeister hält sie für antiquiert:

„Mit dem Übermedium Internet sind ganz eigene Anforderungen für eine Modernisierung des Kontrollregimes in einem digital gewandelten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem entstanden. Begleitet werden muss eine zeitgemäße Neuformulierung des Kernauftrages von einer grundlegenden Anpassung der korrespondierenden Gremienstrukturen, …. Die Aufsichtsgremien (Rundfunkrat, Fernsehrat, Hörfunkrat) sind bereits jetzt nicht mehr in der Lage, die komplexer werdenden Angebote der Sendeanstalten, Online-Plattformen und crossmedialer Netzwerkformate angemessen zu begleiten, zu kommentieren und zu kontrollieren. …. Diese Entwicklungen machen eine Neuformulierung des Kernauftrags für die Anbieterseite wie auch für die in die Gesellschaft eingebetteten Aufsichtsgremien nötig. … Ein solcher Kernauftrag, bei Wahrung von Funktionsgarantie und Programmautonomie, kann aber nur sinnvoll formuliert werden, wenn man sich mit den konkreten Programmleistungen beschäftigt, in der Spitze wie in der Breite – und gerade hierfür fehlt bei aller sonstigen medienpolitischen „Kommissionitis“ (KEF, GVK, KEK, ZAK, DLM, KJM etc.) eine kompetente Instanz“42 .

 

 

Hintergrund 4: Was bildet und was nicht bildet – Interpretierende Darstellung von Aspekten aus einem Aufsatz des Philosophen Peter Bieri43

(1) Was bildet nicht? – Glaubt jemand, ein Quiz bilde, liegt der Schluß nahe, daß er einen bildungsbürgerlichen Begriff von Bildung hat. Für Bildungsbürger ist Bildung ein Statussymbol in Form einer Anhäufung von Wissen, das als Nachweis gilt, offiziell anerkannte Bildungserlebnisse gehabt zu haben (ein Nachweis, der oft gefaked ist, z.B. in Form von Zitaten aus dem Zitatenlexikon). – Wie ungebildet, ja verbildend solche Bildung sein kann, zeigt Bieri mit einem Verweis auf Heinrich Himmler, der eine „humanistische Bildung“ genoß. – (Hinzufügen könnte man: die Deutschen, die unter Einsatz ihres Lebens Deutsche jüdischer Herkunft vor dem Nazi-Regime versteckt haben, waren nach bildungsbürgerlichen Kriterien überwiegend Ungebildete44.)

(2) Was bildet? – Beispiele bilden:

  • Beispiele dafür, wie falsche Überzeugungen entstehen, wie verflixt trügerisch das Überzeugende sein kann, und was dafür getan werden muß, um es zu überprüfen;
  • Beispiele dafür, wie Denken, Wollen und Fühlen durch die Lebensgeschichte geprägt werden, und „kein unabwendbares Schicksal sind, sondern etwas, das man verändern kann“;
  • Beispiele dafür wie Menschen „die Balance … halten zwischen dem Anerkennen des Fremden und dem Bestehen auf der eigenen moralischen Vision“
  • Beispiele anderer Lebensweisen und Kulturen, die „ein möglichst breites und tiefes Verständnis der vielen Möglichkeiten [vermitteln]… , ein menschliches Leben zu leben“.

Soweit Bieri. – Daß „Bildung“ auch in Unterhaltung vermittelt werden kann, zeigt die Serie „Star Treck, next Generation“. Dort werden – bei allem Unsinn, mit dem die Serie auch aufwartet – unter anderem Modelle guten Führungsverhaltens vermittelt und Modelle für die von Bieri genannte Balance zwischen Toleranz und Identität. – (Hinzuzufügen wäre: der größte Feind der Bildung sind Klischees und Sentimentalität, von denen ARD- und ZDF-Produktionen oft nicht frei sind.)

(Ein Zeichen von Unbildung in den Führungsetagen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks ist neben der Vorstellung bildender Quizshows auch das „Framing“-Gutachten, mit dem 120000 Euro für pseudo-wissenschaftlichen Flachsinn vertan wurden. Ich schätze, Kompetenz gibt es genug im Rundfunk. Wahrscheinlich waren die Verantwortlichen zu faul, runter in den Requisitenkeller zu gehen, in den sie ihre Gebildeten versetzt haben, und die mal zu fragen. Es ist rätselhaft, daß niemand in der Führungsetage auf die Idee kam, erst mal im eigenen Hause nachfragen zu lassen, was von „Framing“ zu halten sei.
Es wurde gefordert, der Verantwortlichen den Vertrag nicht zu verlängern. Wenn sie sonst gute Arbeit geleistet hat, wäre das typisch für die Vordergründigkeit des Rundfunks. Keiner muß alles können und jeder muß seine Beschränktheiten haben dürfen. Eine Personalentscheidung würde nichts Wesentliches ändern: die eine Kombination von Stärken und Schwächen würde durch eine andere ersetzt. Es käme dagegen darauf an, zu analysieren, warum die intern verfügbare Expertise nicht an den entscheidenden Stellen ankommt, und das zu ändern. – Unsere Spezies hatte evolutionären Erfolg, weil die Flinken mit den Starken nicht mehr nur konkurrieren sondern auch kooperieren konnten. Je weniger Kooperation eine Institution ermöglicht, desto äffischer ihr Ergebnis.)

 

 

Hintergrund 5: Unqualifizierte Qualität?

(1) ARD und ZDF haben ein Qualitätsmanagement45. – Aber wieso sehen wir dann in so vielen Produktionen von ARD und ZDF leiernde Schauspieler? – Wieso bleiben Serien wie „Das Verschwinden“, „Blochin“, „Bad Banks“ hinter dem zurück, was möglich und vom teuersten Rundfunk der Welt billig erwartbar wäre? – Wieso bleiben so viele politische Sendungen an der Oberfläche?

Wieso wurden die Politiker z.B nicht damit konfrontiert, daß durch Alkohol oder Händis am Steuer oder durch überhöhte Geschwindigkeit weit mehr Menschen in Deutschland gefährdet sind, als durch Terroristen, und wie schildbürgerhaft es ist, „zur Sicherheit“ lieber die bürgerlichen Grundrechte zu unterminieren statt die Straßenverkehrsordnung zu ändern? – Auf dem Höhepunkt der Sicherheitshysterie lehnte das Bundesverwaltungsgericht ab, den Promillewert, ab dem alkoholauffällige Kraftfahrer zur psychologischen Untersuchung müssen, auf 1,1 Promille zu senken. Die Richter widersprachen damit Befunden und Empfehlungen von Experten. – Man muß sich das mal vergegenwärtigen: Da werden gegen den „Terror“ – eine hysterisch hochgespielte Gefahr – Vorkehrungen getroffen, die wenig effektiv sind, aber unabsehbar folgenreich (Mißbrauchspotential der Überwachung), statt mit unwesentlichen Einschränkungen aber effektiv gegen eine Gefahr vorzugehen, die buchstäblich vielhundertmal tödlicher ist! – Und der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk hinterfragt – nichts…

Man könnte auf die Idee kommen, daß den Deutschen der Suff ein höheres Grundrecht ist als bürgerliche Integrität, und ARD und ZDF sich co-abhängig verhalten. – Schon Montaigne schrieb vor fast einem halben Jahrtausend: die Trunksucht sei ein „stumpfsinniges und niedriges Laster… Daher hält es auch unter allen heutigen Völkern allein das grobschlächtigste in Ehren: das deutsche“46. – Wäre es nicht „relevant“, daß der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk einer „gestörten Trinkkultur“ (so der sucht-medizinische Fachbegriff für Deutschland), in der mindestens 70 000 Menschen jährlich am Alkohol sterben, diese Gestörtheit regelmäßig zum Thema macht? – Doch ARD und ZDF verzichten nicht mal auf Alkoholwerbung. – Auch das Absetzen der Verkehrsschulung „Der 7. Sinn“, gegen Expertenrat, aus Quotengründen und ohne Versuche, ein aktuelleres Format zu entwickeln wirkt nicht wie eine nach Relevanzkriterien getroffene Entscheidung47.

„Relevanz“ ist eines der offiziellen Qualitätskriterien des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. – Wie sind dann die schwerwiegenden Relevanzdefizite zu erklären bezüglich Afrika, Finanzwirtschaft, Feinstaub, Mieten und Alkohol? Wird Relevanz definiert als das, was in aller Munde ist? – Und wenn das Qualitätsmangement bei „Relevanz“ so wenig ausrichtet, muß man sich über das Schicksal anderer Qualitätsfaktoren nicht wundern.

(2) Es ist immer die Frage: Was genau wird gemanaged? – Ich las nur Berichte über die Qualität von Sendungen wie „Hobbythek“ oder „Brisant“48. – Wie in den Anstalten über Grundsatzfragen zur Qualität des Rundfunks diskutiert wird – welche Sendungen sein Programm enthalten solle, wie viele davon und wann, und was die Qualitätskriterien der unterschiedlichen Sparten ausmacht – über so eine Diskussion habe ich keine Selbstauskünfte des Rundfunks gefunden. Eine Qualitäts- “Vision“ fehlt. (Der Roman „Der Marsianer“ offenbart: Realisten haben keine Chance, nur Träumer werden überleben: sie wagen neue Wege49.)

Ein Qualitätsbeispiel aus der ARD-Mediathek, „Bayer, die Fusion und die Folgen“: Einer sagt, an den Ernteausfällen in Sri Lanka war das Wetter schuld, Bayer sagt: das Verbot von Glyphosat war schuld. – Warum wurde hier nicht recherchiert, was es mit dem Wetter auf sich hatte? – Es wird berichtet, Monsato habe selbst eine Studie veröffentlicht, in der ein Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs nachgewiesen worden sei. Was Monsato daraus ableitet, erfahren wir nicht, stattdessen heißt es gleich: Jede Studie könne man so oder so interpretieren. Damit wird Tendenziösität unterstellt. Warum wurde dem Interpretationsspielraum nicht nachgegangen? – Warum nimmt man so ein komplexes Thema, wenn man weiß, daß man in 40 Minuten dabei nur etwas Tendenziöses hinkriegt, das die Zuschauer mit Vorurteilen zurückläßt? – Von den Fragen, die sich nach der Lektüre des „Spiegel“-Interviews mit dem Bayer-Lobbyisten Berninger stellen, fehlt im ARD-Beitrag jede Spur50.

Bezüglich Krimis und Fernsehspielen der Hauptabendprogramme kann jeder anhand folgender Kriterien selber überprüfen, wie qualifiziert er sie findet:

  • Qualität ist: wenn eine Geschichte eine Wendung nimmt, die nicht vorhersehbar ist, aber im Nachhinein doch als zwingende Folge aus dem Vorhergehenden erkennbar.

(Dieses Ur-Prinzip der Ästhetik, die Kombination von Unvorhersehbarkeit und Folgerichtigkeit, brachte Arnold Schönberg (einer der bedeutensten Pioniere der Neuen Musik) auf eine anschauliche Formel: „Das wäre eine schöne Verwandtschaft, wenn der Enkel nicht noch Züge vom Großvater zeigte“79. – Zufälle sind Unvorsehbarkeiten ohne Folgerichtigkeit. Beispiele aus ZDF-Serien: Blochin: Ein Polizist braucht schnell eine Handwäsche – o Zufall: da beschmutzt sich sein Kollege gerade noch rechtzeitig, damit die eine Hand die andere waschen kann. – Bad Banks: Der Kunde, den die Heldin gewinnen soll, hat Krebs, o Zufall, den gleichen wie ihre Mutter, so daß sie das erkennen und damit ihre Konkurrenten ausbooten kann…)

  • Qualität ist, wenn eine Geschichte „informativ“ ist, z.B. wenn die Führungskompetenz eines Chefs oder die Zerrüttung einer Ehe nachvollziehbar wird, weil sich das an den dargestellten Interaktionen „zeigt“, statt daß die Ehe durch Schreierei bloß als zerrüttet „markiert“ wird, oder gesagt werden muß, wie toll der Chef ist, weil man allein durch das, was man sieht, nicht auf die Idee käme, einen tollen Chef oder eine zerrüttete Ehe vor sich zu haben51.
    – Qualität ist, wenn die Geschichte nur aus dem besteht, was für ihre Erzählung unbedingt notwendig ist, wenn unnötige sensationelle oder sentimentale Effekte weggelassen und Szenen so „pointiert“ werden, daß es kein überflüssiges Wort, kein überflüssiges Bild, keine überflüssige Bewegung gibt.
  • Qualität ist, wenn den Dialogen nicht anzumerken ist, daß sie geschriebenes Wort sind, und die Schauspieler nicht so reden, wie jemand, der Auswendiggelerntes aufsagt.

(3) In den dokumentarischen Formaten wurde der Tingeltangel zum Prinzip. Exemplarisch dafür ist „Goethes Faust in 90 Sekunden“. Hier faßt das ZDF in 90 Sekunden sein eigenes Elend zusammen. Jede Schulklasse würde so einen Beitrag besser hinkriegen, genauso witzig aber weniger läppisch und geschmacklos. – Die Sendereihe „Europa“ belegt, daß das gleiche Rezept auch im großen Stil angewendet wird! Das soll wohl lustig und ironisch sein, wirkt aber wie die Witzelsucht mancher Dementer. – Daß die Darstellung des Nützlichen auch erfreuen solle, forderte bereits die antike Rhetorik, es ist eine uralte Kunst. Solange ARD und ZDF nicht belegen, was sie alles versucht haben, um Gutes ohne Tingeltangelisierung attraktiv zu machen, ist zu fürchten, daß sie höchstens noch im Requisitenkeller über die Kompetenzen verfügen, die kulturell verfügbar wären…

Es ist einfallslos, eingewöhnten Vorlieben gefällig zu sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen, statt sie als Motivationslagen zu verstehen, die nutzbar sind, um zu zeigen, was es in der Welt sonst noch so gibt an Lustigem, Tollem, Faszinierendem, Bedeutsamem… (Dazu auch mein Artikel: „Arte bildet nicht, Arte füllt ab.“)

Die üblichen Verdächtigen, Geld und Macht, blockieren auch die Qualitätsentwicklung. Schon Günther Rohrbach, der Produzent von „Das Boot“ rügte die Entmachtung der Redakteure53. Gloria Burkert, die Produzentin von „Irgendwo in Afrika“ und vielen ,,Tatorten“, sagte das Gleiche, nachdem sie Beispiele für das Qualitätsengagement der Redakteure anführte: „Es ist einfach bedauerlich, daß Redakteuren immer weniger Kompetenzen innerhalb ihrer Sender zugestanden werden“. – Und vom „Tatort“ meinte sie: „Äußerst schade finde ich, daß dieses Aushängeschild der ARD nur nicht immer mit den finanziellen Mitteln ausgestattet werden kann, die ein Film manchmal braucht“54. – Georg Feil, Produzent von „Die Krupps“ und ebenfalls von vielen „Tatorten“, sagte über die Redakteure: „die können nichts dafür, daß sie in eine Rolle gedrängt worden sind, die sie nicht so erfunden haben. Es sind die veränderten Zielvorstellungen der Apparate, in denen sie arbeiten.“ „Es kann nur daran liegen, daß sich die Gewichte in unseren Fernsehorganisationen und die Richtung, in die diese gehen wollen, so mächtig verändert haben, daß inhaltliche Entscheidungen eben NICHT mehr auf der redaktionellen Ebene fallen“55.

„Eigenlob stinkt“, Zusatz zu den Qualitätsberichten: Erst seit 2003 sind die Anstalten verpflichtet, Berichte abzuliefern über „die Erfüllung ihres jeweiligen Auftrags, über Qualität und Quantität der Angebote und der Programme…“. – Die Berichte, mit denen der Rundfunk dieser Verpflichtung nachkommt, lesen sich wie Werbeprospekte, sie sind reine Selbstbeweihräucherung56. Von den Reaktionen der Öffentlichkeit auf die Sendungen werden nur die lobenden angeführt, man bekommt den Eindruck, kritische habe es nicht gegeben. Das wirkt wie die Verlautbarungen des SED-Politbüros über die Errungenschaften des Sozialismus. (Der Vergleich mag unfair sein, aber tut mir leid, es wirkt nunmal so… ) – Wie kann ein Rundfunk, der als Bollwerk gegen Fakes gelten will, hoffen, mit so offenkundiger Unaufrichtigkeit glaubwürdig zu wirken?

Es geht aus den Berichten zwar das Bemühen um ein thematisch hochwertiges Programm hervor, z.B. mit Dokumentationen und Fernsehspielen zu historischen Themen. Aber es kommt nicht allein darauf an, was man macht, sondern auch, wie man’s macht. Ist ein Fernsehspiel künstlerisch schwach, können darin noch so viele historische Informationen verständlich verpackt sein, es wird nur den schwächsten Aspekt von Bildung bedienen: den Informationsaspekt. Viel ist damit für den Bildungsauftrag nicht gewonnen (s. Hintergrund 4: Ungebildete Bildung?) – Von der öffentlichen Diskussion über die grundlegenden Probleme, wie z.B. der nahezu schwachsinnig anmutenden Krimi-Vervielfältigung oder der Vertingeltangelisierung von Dokumentation, fehlt in den Berichten jede Spur.

Dennoch kann ich mir nach der Sichtung der Berichte vorstellen, daß meine Einschätzungen dem Rundfunk mehr Unrecht tun, als ich ahne. Meine Zeit für Stichproben ist beschränkt. Möglicherweise gab es viele Dokumentationen und Fernsehspiele, die dem Auftrag gerechter wurden, als das, was ich gesehen habe. – Eine gewisse Ironie hat es allerdings, wenn die Berichte ausgerechnet von den Leistungen jener Formate wie „Monitor“ zehren, die vom Rundfunk stiefmütterlich behandelt werden: gekürzt, und auf unattraktive Sendeplätze verschoben.

Vor allem aber drängt sich der Eindruck auf: Viel zu viel! Klar, daß da nicht Zeit noch Geld für Hochwertiges bleibt! – Der Eindruck unterstreicht die Frage nach Belegen, daß die Strategie: „Dasselbe in Grün und immer mehr desselben“ wirklich alternativlos notwendig gewesen sein soll, um einer Marginalisierung auf dem Aufmerksamkeitsmarkt vorzubeugen. (Dazu befrage ich die Intendante und Programmdirektoren.)

Zusatz zum Zynismus: Zyniker sind Dilletanten. Egal wie tüchtig und intelligent sie sind: Es fehlt ihnen an professioneller Haltung. Sie sind nicht geübt, über Tellerrand und Tagesgeschäft hinaus zu blicken, stehen den Konflikten zwischen Wert und Wirklichkeit hilflos gegenüber und können ihre Illusion von Souveränität nur durch ihren kleinkarierten Pessimismus wahren, den sie mit Desillusioniertheit verwechseln. – Profis bewerten ein Geschehen nicht, sondern beobachten es. Sie scheuen kein Scheitern, sondern analysieren es. Sie probieren nicht, sie experimentieren. Sie lassen sich nicht von schnellen Erfolgen verleiten, sondern entwickeln Perspektiven. Sie resignieren nicht, sondern lauern auf jeden Funken Chance.

 

 

Hintergrund 6: Undemokratische Demokratie?

Die wachsende Bedeutung des Journalismus. Zitate aus einer Studie des Systemtheoretikers Willke57

„In besonders folgenschwerer Weise hat die globale Finanzkrise deutlich gemacht, wie durchgängig die nationalen Parlamente darin überfordert waren, die schädlichen Auswirkungen … eines wild gewordenen globalen Finanzsystems auch nur zu verstehen, geschweige denn zu regulieren oder zu kontrollieren“58. – Willke spricht von der „Selbstaufgabe der Politik“: Die Politik sei der „Ideologie von Entstaatlichung, Deregulierung und Privatisierung verfallen, ohne die Grenzen und Fallstricke dieser Konzeptionen zu erkennen“59. – „Die üblichen Verfehlungen [des] Kapitalismus, wie Ungleichheit, Armut, Ausbeutung … erscheinen in dieser Sicht primär als Versagen einer Politik, die formal und prinzipiell alle Möglichkeiten hätte, diese Verfehlungen zu korrigieren oder zumindest auf ein erträgliches Maß zu reduzieren60. – Willke fragt: „Warum nimmt die Politik ihre Kernaufgabe der Setzung adäquater Rahmen für die Ökonomie nicht wahr?“61.

Als einen Faktor, der diese Fehlentwicklung fördert, benennt er den Mangel an Transparenz: Da fast nur noch Experten wissen und begründen können, was sinnvolle und effektive Entscheidungen sind, und weder wir Bürger noch die Politiker die Expertenmeinungen beurteilen können, gilt es, zu verhindern, daß Experten bestimmen, was läuft62. – Bezüglich des bisherigen Einbezugs von Experten in die politischen Entscheidungen spricht Willke von „Geheimverfahren“: „Unzählige Kommissionen, Beratungsfirmen, politische Stiftungen, … Interessengruppen … etc. nehmen in völlig undemokratischer und unkontrollierter Weise Einfluss auf den politischen Prozess, und kein Wähler kann wissen oder kontrollieren, welche Expertise aus welcher Quelle eine konkrete Entscheidung aus welchen Gründen beeinflusst hat“63.

Willke fordert: Es müsse diskutierbar sein, wer nach welchen Kriterien welche Experten auswähle, es müsse dafür gesorgt werden, daß eine Ausgewogenheit der Experteninteressen zustande komme. Und die Untersuchungsergebnisse der Experten müssten befragbar gemacht werden64.

Das wäre eine Herausforderung für den Journalismus: Experten öffentlich streiten zu lassen. Sie sollen dabei – unterstützt von Dokumentationen und Journalisten – erklären, warum sie sich nicht einigen können, wieso sie z.B. über die Bewertung von Fakten oder den Aussagewert von Studien verschiedene Meinungen haben. Es soll für die Bürger ersichtlich werden, wo Expertenwissen in Expertenglaube umschlägt. – Ferner muß der Journalismus gewährleisten, daß die dominanteste Meinung nicht so tun kann, als müsse sie, weil sie die dominanteste sei, auch die wahrste sein.

Derart qualifizierten Journalismus gab es von ARD und ZDF z.B. zur Griechenlandkrise offenbar nicht65. Zwar gab und gibt es immer wieder Bemerkungen über Lobbys und Beratungsfirmen, aber systematische und hintergründige Berichterstattung und Diskussion dazu sucht man bei ARD und ZDF vergeblich. So entsteht bei uns Bürgern nur Verdrossenheit, kein Problembewußtsein. Die Öffentliche Meinung hinkt schmollend hinter dem Geschehen her.

 

 

Hintergrund 7: Unrichtige Richtigkeit? Bürgerüberlegungen zur Rundfunkfinanzierung

Ob zumutbar für Geringverdiener oder nicht: Für mein Gerechtigkeitsempfinden hat der Beitrag einen Stich. Und klug finde ich es auch nicht, die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Medien am schwächsten Glied der Einkommenskette festzumachen.

Für jemand, der unter 1000 € netto verdient, ist es ein gewichtiger Unterschied, ob sein Beitrag von 5 auf 5,50 € steigt oder von 20 auf 22 €. Für jemand, der 2000 € netto verdient, sind 2 € mehr dagegen kaum spürbar. Zahlen alle das Gleiche, ist jede Beitragserhöhung politisch um so brisanter, je mehr die Geringverdiener im Verhältnis stärker belastet werden. Dadurch entsteht eine höhere Abhängigkeit des Rundfunks von der Politik als bei einer einkommensabhängigen Finanzierung.

(1) Wie kam es zum Zopf? Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk muß mit einer außersteuerlichen Abgabe finanziert werden, denn über die Verteilung des Steueraufkommens bestimmt das Parlament. Es könnte den Rundfunk mit einem kleineren Stück vom Steuerkuchen abstrafen, wenn er zu kritisch wird. – Damit wir Bürger durch außersteuerliche Abgaben nicht über Gebühr belastet werden, versucht uns das Recht davor zu schützen. Deshalb gibt es da die Regel: Solche Abgaben sind nur erlaubt, wenn wir Bürger dafür was Schönes kriegen, einen Gegenwert, etwas, das für jeden, der die Abgabe bezahlt, ein persönlicher Vorteil ist – z.B. ein Gehsteig vor dem Eigenheim. – Und weil alle den gleichen Vorteil bekommen, müssen auch alle das gleiche bezahlen. – Als Vorteil gilt dabei bereits die Möglichkeit, etwas zu nutzen zu können, wie z.B. bei der Kurtaxe: Will ich ins Kurgebiet, z.B. ans Meer, muß ich die entrichten, egal, ob ich dort die ganze Zeit bloß vor der Glotze hänge oder mich am Badestrand tummle. – Diese Logik liegt dem Rundfunkbeitrag zu Grunde.

Wenn der Beitrag gerechtfertigt ist, weil eine bessere Lösung „nicht ersichtlich“ ist – wie das erste Gerichtsurteil zum Beitrag argumentierte66 – dann muß gefragt werden: Was wurde denn für die Sicht getan? Welche Alternativen wurden entwickelt und erwogen?

Gedankenexperiment: Wie würden wir wohl über die Rundfunkfinanzierung nachdenken, wenn es bis 2010 keinen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gegeben hätte? Es wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, ihn mit einer Haushaltsabgabe zu finanzieren, die für arm und reich gleich ist, und geringverdienende Alleinerziehende benachteiligt.

Nun kann den Verantwortlichen zu Gute gehalten werden, daß sie Akzeptanz- und Finanzierungsabenteuer vermeiden und deshalb nur die minimalste Veränderung wollten. Doch was hat dagegen gesprochen, den Beitrag als Provisorium zu verstehen und die Entwicklung einer Alternative zu versprechen? Wir hätten dann langfristig nicht nur die Vorteile der Erneuerung (3) sondern gegenwärtig auch eine größere Glaubwürdigkeit unserer Institutionen (2).

(2) Der Preis des Zopfes: Unglaubwürdigkeit

(2.1) Öffentliche Bibliotheken dienen dem Erhalt des Bildungsniveaus. Sie sind daher auch für jene nützlich, die nie einen Fuß über ihre Schwelle setzen, und die Möglichkeit, sie zu nutzen, stellt in jedem Fall auch einen persönlichen Vorteil dar. – Vergleichbares könnte man von Stadtparks oder Autobahnen sagen: All diese Einrichtungen schaffen – genau wie der Rundfunk – neben dem all-gemeinen auch einen individuellen Vorteil für jeden Bürger, einen Vorteil, der in der Möglichkeit liegt, jederzeit auf das, was die Einrichtungen bieten – auf das „Angebot“, das sie darstellen – „zu-greifen“ zu können67. Anders als der Rundfunk werden diese Einrichtungen jedoch trotz des individuellen Vorteils als „Gemeinlast“ finanziert, d.h.: starke Schultern tragen davon mehr als schwache. – Wann ist nun eine Einrichtung eine Gemeinlast, und wann stellt sie einen Gegenwert dar, so daß gilt: gleich begünstigt, gleich belastet?

Der individualnützige „Gegenwert“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots wird stark relativiert durch den überbordenden medialen Reichtum. Je zahlreicher, vielfältiger und gleichwertiger die Alternativen sind und je unterschiedlicher die Nutzerinteressen, desto schwächer muß der Gegenleistungscharakter eines Angebotes gewichtet werden68, und desto unglaubwürdiger wirkt es, den Gegenleistungsbezug zur abgabenrechtlichen Grundlage hochzustilisieren.

Wichtiger ist jedoch der funktionale Aspekt: Ist die Existenz eines Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks weit mehr gesellschaftlich nötig, als individuell vorteilhaft, wirkt es winkelzügig, den Aspekt des persönlichen Vorteils zum entscheidenden abgabenrechtlichen Kriterium zu überhöhen. – Ein Wissenschaftler faßt die zentrale Bedeutung der Politikvermittlung durch das Fernsehen zusammen:

Die „Undurchschaubarkeit“ von Politik habe zwei Konsequenzen: Die Neigung der Bürger, „Staat und Politik relativ unterschiedslos für alles und jedes verantwortlich zu machen, insbesondere für das, was ihnen in der Gesellschaft nicht gefällt. Dabei wird es unvermeidlich sein, daß der Politik auch Mißstände zugeschrieben werden, die sie gar nicht zu verantworten hat, sondern etwa die Wirtschaft oder andere Funktionsbereiche der Gesellschaft. Je häufiger aber gesellschaftliche Zustände auftreten, die dem Staat als Politikergebnisse zugerechnet werden, obwohl sie das nicht intendierte Ergebnis gesellschaftlichen Handelns sind, desto eher werden die Bürger an der Sinnhaftigkeit und Rationalität von Politik zweifeln… Um also … Delegitimation zu vermeiden, ist das politische System darauf angewiesen, seine Absichten und Motive zu vermitteln“69.

Der Medienbericht der Bundesregierung von 2008 formuliert das so: „Ein qualitativ hochwertiges, seriöses Medienangebot ist ein Lebenselixier der Demokratie. Nur wenn gesellschaftliche und politische Debatten fundiert geführt werden, können die Bürgerinnen und Bürger von ihren demokratischen Partizipationsmöglichkeiten in vollem Umfang Gebrauch machen“70.

Das Gericht benennt die gesellschaftliche Notwendigkeit eines Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks, definiert sie aber um in einen individualnützigen Vorteil:

„Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten … ein …Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden. … In der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil“71.

Doch diese Art des individuellen Vorteils – die Nutzung als Korrektiv für die subjektiv-affektive Meinungsbildung – zielt ja auf die Allgemeinheit! Was hat es denn für den Einzelnen für einen individuellen Vorteil, ob er sich eine richtige oder falsche Meinung über politische Sachverhalte bildet? Es ist die Demokratie, die eine realitätsgerechte Orientiertheit der Bürger braucht! Die Einzelnen als Einzelne hätten von flotten Stammtischsprüchen mehr individuelle Vorteile als von aufrichtiger Recherche und besonnenem Abwägen.

Würde eine Gemeinde ein Areal ihrer Umgebung besonders schützen, weil es Rückzugsort einer bedrohten, ökologisch wichtigen Tierart ist, ohne deren Existenz Ungezieferplagen drohen: wie schräg würde es dann wirken zu sagen: „Weil man da jetzt aber auch so schön spazieren gehen kann, haben alle Bürger den gleichen persönlichen Vorteil und müssen deshalb auch das gleiche zahlen!“

Es hat schon seine Ironie, wenn ausgerechnet in der Zeit, in der der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk wegen des sich selbstverstärkenden Grolls in den Echokammern für die Öffentlichkeit so wichtig ist, wie noch nie, wenn ausgerechnet in dieser Zeit seine Finanzierung auf seinen abnehmenden Individualvorteil gegründet wird, statt auf seine wachsende Bedeutung für die Demokratie. Das schürt die Verdrossenheit der Bürger, die erleben, wie Politik und Recht die Sachen drehen und wenden, wie es ihnen gerade paßt: Wird nach der Existenzberechtigung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks gefragt, gilt er als notwendig für das Gemeinwesen, als „Lebenselexier der Demokratie“, fragt jemand, warum er dafür genausoviel bezahlen soll, wie ein Superreicher, steht das Lebenselexier der Demokratie plötzlich auf einer Stufe mit Gehweg und Badestrand. – (Dazu frage ich die medienpolitischen Sprecher der Parteien.)
Wie ernst will der Rundfunk genommen werden? Ein Rundfunk, der als individualnütziger Vorteil bezahlt werden muß, wird tendenziell mehr als Vergnügungsdampfer aufgefaßt, denn als Leuchtschiff.

(2.2) „Ein gesamtgesellschaftlicher Vorteil schließt … nicht aus, dass daneben auch ein individueller Vorteil für die Abgabepflichtigen besteht und deshalb eine nichtsteuerliche Finanzierung zulässig ist“, schreibt das Gericht72. – Heißt das: Bei allen Einrichtungen, bei denen individuelle Vorteile für die Bürger bestehen, könnte auch die Finanzierungsform des Beitrags gewählt werden? Also auch bei Autobahnen, Stadtparks, Bibliotheken? Wenn nein: Was ist beim Rundfunk anders? Das begründet das Gericht nicht. Es präpariert den Aspekt der „Individualnützigkeit“ heraus, um ihn als „Erlaubnis“ für die Beitragsfinanzierung zu nutzen. Alle weiteren Aspekte werden ausgeblendet. Das Recht wird instrumentalisiert zur Vermeidung des Aufwandes und der Unsicherheit, die mit den grundlegenden Reformen einhergehen würden, die in der neuen Situation eigentlich geboten wären. (Dazu frage ich den Rechtsgutachter für den Rundfunkbeitrag, Prof.Dr. Kirchhof.)

(2.3) Die folgenden Beispiele für Schein-Argumente sind zwar peinlich für einen Rundfunk, der von sich behauptet, ein Bollwerk gegen Fakes zu sein, aber sie diskreditieren ihn nicht, weil solches Argumentationsgebahren politisch üblich ist.

In den Rechtfertigungen des Haushaltsbeitrags hieß es immer: Weil Rundfunk überwiegend in Wohnungen empfangen würde, müsse auch die Wohnung der Anknüpfungspunkt für die Abgabe sein. – Das Deutschlandradio verfranste sich mit dieser Logik. Laut Gericht argumentierte es so:

„Wohnungen seien weitestgehend mit herkömmlichen und neuartigen Empfangsgeräten sowie Internetanschlüssen ausgestattet. Die [geringere] Belastung pro Wohnungsinhaber in Mehrpersonenhaushalten gegenüber von Einpersonenhaushalten rufe schon deshalb keine Belastungsungleichheit hervor, weil der durch die Empfangsmöglichkeit erlangte Vorteil wohnungs- und nicht personenbezogen sei. … Da der Rundfunkbeitrag wohnungsbezogen sei, bestehe auch in mehreren Wohnungen ein entsprechender Vorteil“73.

Was soll denn das heißen, daß der Vorteil, Rundfunk empfangen zu können, „wohnungsbezogen“ sei? Hat jemand einen größeren Vorteil vom Rundfunk, wenn er alleine lebt? Oder wenn er wegen seiner auswärtigen Arbeit eine Zweitwohnung braucht? – Oder meinte der Jurist, die Wohnungen würden durch die Möglichkeit des Empfangs vorteilhafter? Aber eine vorteilhafte Wohnung ist eine, die z.B. hell ist oder günstig geschnitten. Vorteile, die allen Wohnungen ohne Unterschied zukommen, sind Vorteile des Wohnens, nicht der Wohnung!

Die Benachteiligung der mehr als 40 % Single-Haushalte wurde mit dem Schutz von Ehe und Familie gerechtfertigt. Das wirkt merkwürdig: Der grundgesetzliche Schutz der Familie müßte sich doch wohl eher auf Alleinerziehende beziehen, die weit entlastungsbedürftiger sind! – Und wie kann man die Ehe besonders schützen mit einer Maßnahme, die die Konkurrenzveranstaltung – das nicht-eheliche Zusammenleben – genauso schützt? Außerdem werden jede Menge Ehen und Familien vor dem Rundfunkbeitrag „geschützt“, die diesen Schutz nicht im geringsten nötig hätten. Und das alles – wie gesagt – vor dem Hintergrund, daß die mit Abstand schutzbedürftigste Gruppe keinen Schutz erhält. – Wenn der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk wirklich etwas für Familien tun will, für alle Familien, nicht nur für „heile“, müßte er sich für einen einkommensabhängigen Beitrag stark machen.

Das ist die Strategie hinter den Worten: Es werden Scheingründe vorgeschoben nach dem Motto: „Ihr müßt jetzt erstmal beweisen, daß unser Argument nicht stichhaltig ist!“ Die Argumentation verschanzt sich sowohl darin, daß „Stichhaltigkeit“ in nicht-naturwissenschaftlichen Diskussionen nicht objektiviert werden kann, als auch in selbsterzeugten sprachlichen Unklarheiten, wie dem wohnungsbezogenen Vorteil. Das wirkt infantil: es erinnert an die Argumente von Kindern, wenn sie versuchen Spielregeln zu ihren Gunsten auszulegen.

(3) Die Vorteile der Entzopfung: Man mag den Beitrag angesichts seiner verhältnismäßig geringen Höhe und des erheblichen Aufwands für eine grundlegende Änderung der Rundfunkfinanzierung, als „hinnehmbar“ werten. Doch wie man es auch dreht und wendet, er untergräbt unseren zivilisatorischen Konsens, daß Leute, die mehr von unserer Gesellschaftsform profitieren, auch mehr in die Pflicht genommen werden für öffentliche Einrichtungen, die nicht nur einen Vorteil für die persönliche Komfortzone darstellen, sondern – im Gegensatz zu Gehsteig und Badestrand – gesellschaftlich, kulturell und politisch konstitutiv sind.

Es wird wohl kaum jemand gerecht finden, daß eine geringverdienende Alleinerziehende den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk mit dem gleichen Betrag sponsern soll, wie ein wohlsituiertes kinderloses Doppelverdiener-Ehepaar. (Und es mutet kabarettreif an, daß es besser sein soll, dieses Ehepaar vor dem Beitrag zu schützen als die Alleinerziehende.)

Auch wenn der Effekt so nicht beabsichtigt war: Für mittlere und höhere Einkommen muß der Beitrag gewertet werden als ein durch tendenziöse juristische Auslegung künstlich niedrig gehaltener Belastungsanteil. Je begünstigter Bürger davon sind, desto geringer ihre Motivation, nachzufragen, was mit dem Geld geschieht: Man stelle sich vor, jemand, der 5000 Euro Netto im Monat verdient, müßte 200 Euro Rundfunkbeitrag monatlich bezahlen! Wie würde der wohl über das denken, was ARD und ZDF ihm für dieses Geld anbieten? (Das Existenzminimum liegt etwa bei 800 Euro. Jemand, der 1000 Euro netto verdient, zahlt heute fast 10 % dessen, was er über dem Existenzminimum verdient, für den Rundfunk. Wenn das als „hinnehmbar“ gilt, wäre der Reiche mit knapp 5% immer noch gut dran…) – Tatsächlich führte der Rundfunk vor Gericht ja als Argument für die jetzige Beitragsform an: daß die Akzeptanz größer sei, weil niemand mehr bezahlen müsse als vorher74. Kriegten die Funktionäre Schiß bei der Vorstellung, sie müßten sich mit dem Programm, wie es jetzt ist, vor Mehrverdiener-Haushalten rechtfertigen, die plötzlich 40, 60, oder 80 Euro Beitrag bezahlen müßten…?

(Sind Sie jetzt empört über mein Ansinnen, Sie sollten wegen Ihres höheren Einkommens erheblich mehr Rundfunkbeitrag zahlen? – Ist Ihnen dieser Rundfunk das nicht wert? – Und fühlen Sie sich wirklich gut damit, so schön wenig dafür zu bezahlen auf Kosten der gering Verdienenenden? – Fänden Sie es als Alternative gut, Bürgerfunk abzuschaffen, so daß nur noch Macht und Geld über Rundfunk verfügen würden?)

Wirklichkeit ist dasjenige, was uns die Folgen unseres Handelns zu spüren gibt. – Wenn der Bürgerfunk ausufert und verwässert, doch einen Großteil der Bürger kümmert das kaum, weil der Rundfunkbeitrag für sie ein Klacks ist, dann wird der Rundfunk weniger stark mit den Folgen seiner Fehlentwicklung konfrontiert – d.h.: er verliert an Realitätsbezug.
Mit der Gebührenfinanzierung gab es mehr Realitätsbezug75. Das bekam der Rundfunk zuletzt deutlich zu spüren, als sich immer weniger Bürger anmeldeten. Die Umstellung auf den Beitrag war notwendig, weil verhindert werden mußte, daß die Ehrlichen die Dummen sind76. Und sie war der Sache nach auch logisch, weil Bürgerfunk auch denen nutzt, die ihn nicht nutzen. Dennoch hilft es nichts, die Augen davor zu verschließen, was wir uns jetzt eingehandelt haben: der Rundfunk bekommt die Folgen seines Handelns finanziell nicht mehr zu spüren.

Ein Gutachten legte die Schwierigkeiten dar, die mit den bestehenden rechtlichen Möglichkeiten verbunden wären, eine einkommensabhängige Rundfunkabgabe gesetzlich zu implementieren77. – Doch wenn die Welt sich ändert: müssen wir dann auf ungerechten und nachteiligen Regelungen sitzen bleiben, bloß weil den alten Gesetzen die Puste ausgeht? – „Geht nich, gibt´s nich“ sagt ein altes Handwerkerwort… – (Es wäre z.B. die Frage, ob die Rundfunkfinanzierung nicht genauso vor dem Zugriff der Regierung geschützt wäre, würde dem Rundfunk per Gesetz sein Teil vom Steuerkuchen fest zugeschrieben. Auch der Beitrag ist ja gesetzlich verankert, Gesetz ist Gesetz, eine Regierung, die, um den Rundfunk unter Kontrolle zu bekommen, die Änderung von dem einem durchsetzt, könnte das auch bei dem andern…)

 

Nachsätze

(1) Mein Fazit: Der Denkstil78 ist schuld, der mangelnde Blick über den Tellerrand. Wenn es uns nicht gelingt, Möglichkeiten zu entwickeln, die „Abgeschlossenheit“ inner-institutioneller „Denkgemeinden“78 zu überwinden, mehr miteinander zu reden und besser zusammen zu arbeiten, wird das, was wir schaffen, weiterhin schildbürgerhafte und hinterwäldlerische Züge tragen.

(2) Rundfunkfreiheit darf nicht bedeuten, daß jede Fehlentwicklung geheiligt oder ihre Korrektur mit „Selbstverpflichtungen“ ins Belieben der Funktionäre gestellt wird. Ich halte es deshalb für geboten, daß die Finanzierung gebunden wird an die Entwicklung neuer Formen von Austausch zwischen Rundfunk und Gesellschaft, z.B. an die Förderung der von einigen Spitzenfunktionären des Rundfunks selbst geforderten öffentliche Debatte über Strukturen und Strategien. (Und zur Not sollten wir Bürger das selber in die Hand nehmen…) – Ohne Diskussion weiß der Rundfunk nicht, was Bürgern wirklich wichtig ist. Wichtigkeit aus Einschaltquoten erschließen zu wollen, ist so dumm, wie im Keller den Weg zu ertasten, statt einfach das Licht anzuknipsen. Aus Einschaltquoten ist nur zu erschließen, was Nutzer als kleineres Übel erleben, nicht, was sie attraktiv und wertvoll finden!

(3) Die Geschichte der Bürgermedien hat gerade erst begonnen! – Lineares Fernsehen, Rundfunkbeitrag, Billigquote und Interessengruppengremien werden irgendwann einmal als eine typische Unbeholfenheit des Anfangs beschmunzelt werden. – Die Bürgermedien der Zukunft werden den Dialog mit den Bürgern institutionalisiert haben. – Es wird eine öffentlich-rechtliche Suchmaschine geben sowie Serien- und Filmproduktionen, die die Breitenwirksamkeit und Attraktivität von Hollywood mit künstlerischer Höhe und hohem Informationsgehalt verbinden. – Die Bürgermedien werden ein Hort der Reflexion, des Handwerks und der Kunst sein und ein Forum der Begegnung von Experten, Politikern und Bürgern.

Wir haben die Wahl: Wollen wir in Fausts Klage einstimmen:

„wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
dann heißt das Bessere Trug und Wahn“

oder Mephistos Spott Lügen strafen:

„Der kleine Gott der Welt bleibt stets vom gleichen Schlag
und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.“

 

Anhang: Briefe an Verantwortliche, oder: Staatsbürgerliche Erkundungen

(1) Meine spontanen Reaktionen auf politisches oder institutionelles Handeln sind nicht immer ganz frei von Empörung und Entwertung. Aber von Erwachsenen ist erwartbar, daß sie sich besinnen, und erkennen, wie viel Urteil sich ihr Ärger anmaßt, wie wenig sie sich jedoch als Laien ein Urteil erlauben können. (Meine Ausführungen sind sicher noch kein Muster von solcher Besonnenheit. Aber ich übe noch!)

Meine Ideen zu bürgerschaftlich-politischem Engagement (Anm.28) lassen sich in zwei Maximen zusammenfassen:

Urteile nicht! – Finde mehr darüber heraus, aus welchen Gründen die Kritisierten das, was du kritisierst, in Anbetracht der Umstände für berechtigt halten!“

„Sei unsicher! – Finde mehr darüber heraus, was an Deinen eigenen Vorstellungen, Überzeugungen und Wertungen unzutreffend, verkennend und unangemessen ist!“

(2) „Es ist des Richters erste Pflicht, Beschuldigte zu hören“, läßt Goethe Helena in „Faust II“ sagen, und benennt damit ein uraltes Rezept gegen die Entstehung von „Echokammern“, in denen sich Menschen gegenseitig immer tiefer in Realitätsverlust hineinsteigern. – Wo es einen öffentlichen Austausch zwischen Bürgern und Institutionen noch nicht gibt, können „Offene Fragen“ an die Verantwortlichen helfen, Realitätsnähe zu gewinnen. Zwar sind Antworten nicht erwartbar, weil Fragen einzelner Bürger unterhalb der Wahrnehmungsschwelle von Institutionen bleiben.

Bleibt eine Antwort aus, zeigt das nicht, daß eine Institution sich Bürgerfragen nicht stellen will, sondern nur, daß der Dialog zwischen Institutionen und Bürgern noch unentwickelt ist, daß Zwischen-schritte fehlen, die es einzelnen Bürgern ermöglichen, ihre Fragen ohne „Flaschenpost“ einzubringen… – Um so höher ist es den Justiziaren von ARD und ZDF anzurechnen, daß sie mir dennoch zwei Mal zurückschrieben.

Doch auch ohne Aussicht auf Antwort nützen „Offene Fragen“: Ihre Formulierung erleichtert, die Sache aus der Perspektive der Kritisierten zu sehen, und ein Klima der Kooperation zwischen Bürgern und Institutionen zu entwerfen. – Ich schätze, ein solches Klima entspricht den tatsächlichen Einstellungen und Bereitschaften der Verantwortlichen weit mehr, als Wutbürger mutmaßen.

(3) Ich habe an Material für Fragen nur zusammentragen können, was ein einzelner Laie neben beruflich zusammentragen kann, und ich mußte mich bei Auswahl und Formulierung ohne „Redaktionskonferenz“ behelfen. Was am Ergebnis unzureichend ist, zeigt die Grenzen der Einzelkämpferei. – Wenn sich viele Bürger zusammentun würden, könnten unsere Kenntnisse, Recherchen und Diskussionen Relevantes hinzufügen und differenzieren sowie Überflüssiges und Unfruchtbares aussondern, ohne Zeit und Fleiß jedes Einzelnen groß zu beanspruchen.

Die Offenen Fragen:

 

Anmerkungen

(1)  Mephisto in der „Schülerszene“ :

Es erben sich Gesetz und Rechte
Wie eine ewige Krankheit fort.
Sie schleppen von Geschlecht sich zu Geschlechte
Und rücken sacht von Ort zu Ort.

Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage,
Weh dem, daß Du ein Enkel bist,
Vom Rechte, das mit Dir geboren ist,
Von dem ist leider nie die Frage.    –

(1a) Der Vergleich von Atomkraft und Rundfunk stammt vom ehemaligen Ministerpräsidenten Albrecht: Er verglich die Bedeutung seines Vorhabens, den NDR zu zerschlagen mit der Bedeutung seines Projekts, Gorleben als Atommüllkippe einzurichten. – Auch die Idee von öffentlichen Bürgerprotesten für „unsere“ Medien ist alt: Sie wurde bereits angedacht von ZEIT-Feuilletonchef Jens Jessen und Fernsehjournalist Günter Gaus. – Beides in: Bertram, Jürgen, Mattscheibe, Das Ende der Fernsehkultur, Frankfurt a.M. 2006, S. 79 bzw. 229.

(2) Kirchhof, Paul, Gutachten über die Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks Heidelberg 2010, S.49

(3) Grassmuck, Volker, et al., Thesen zur medialen Grundversorgung im Internetzeitalter (2013), S. 20 http://digitale-grundversorgung.de/thesen/

(4) Initiativen für Bürgerräte: https://www.esgehtlos.org/https://www.mehr-demokratie.de/buergerrat/

(5) https://uebermedien.de/33259/hannibal-und-das-schweigen-der-blaetter/

(6) Spiegel 2.2.19 S. 102 : Feinstaub ist eine unterschätzte Gefahr

(7) Marco Bülow: https://www.marco-buelow.de/talkshows-einseitig-und-verzerrend/

(8) http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html Rn 80

(9) https://www.dw.com/de/je-mehr-terror-berichterstattung-desto-mehr-terroranschl%C3%A4ge/a-40315360

(10) Die unheimliche Macht der Berater, ARD-Mediathek

(11) Jens, Walter, Momos am Bildschirm, München 1984, daraus: „Was gemacht“, und „Das großeSelbstgericht“, Besprechungen zu „betrifft Fernsehen“ vom 18.03.und 11.12.1974

(12) https://www.phoenix.de/sendungen/debatte-ueber-den-oeffentlich-rechtlichen-rundfunk—kritik-und-chancen-a-553445.html

(13) Hachmeister, Lutz, Anschlag Dieter, Gespräch mit Dietrich Schwarzkopf, Medienkorrespondenz 2016 https://www.medienkorrespondenz.de/leitartikel/artikel/rundfunkdiplomatie.html:
MK: Solch ein Projekt ist ja heute fürs deutsche Fernsehen kaum noch vorstellbar. … „Das Boot“ ist … eine der ganz wenigen Megaproduktionen, die auch international in jeder Hinsicht mithalten konnte, aber eine rein deutsch produzierte Geschichte. Ist es eigentlich nicht seltsam, dass danach nicht mehr von dieser Art passiert ist oder dass es dafür so schwierig wurde, zu schwierig? – Schwarzkopf: Ja, das wundert mich…. Ich verstehe es nicht so recht, warum da nicht mehr nachgekommen ist. – MK: …. Stattdessen konzentriert sich die ARD eher auf die gängigen Formate wie den „Tatort“ oder den „Polizeiruf“. – Schwarzkopf: Ich … halte es für unbedingt erforderlich, dass sich da etwas entwickelt und auch gefördert wird. Es müsste ja auch Möglichkeiten geben, Schwierigkeiten, wenn sie institutionell bedingt sind, aus dem Weg zu räumen. Sei es, indem man sagt: „Wir bauen uns nun nicht einfach komplett um, aber wir stellen jetzt manches zurück für eine große Kraftanstrengung.“

(14) dienende Freiheit: s. Wikipedia-Artikel über Rundfunkfreiheit

(15) S. meine Rezensionen der Serien  „Das Verschwinden“, „Blochin“, „Bad Banks

(16) Fisman, Ray, Sullivan, Tim, Die Anatomie der Organisation. Bern 2014, „Aufgaben und Anreize“, S. 51

(17) https://www.medienkorrespondenz.de/leitartikel/artikel/fernsehen-im-gespraechnbsphalten.html

(18) Schächter, Markus, Regelmäßige Qualitätsvergewisserung, in: in: Werneke, Frank (Hrsg.) Funk und Fernsehen für alle – Für einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk Hamburg 2008.

(19) Kufus, Thomas, in: Beatrice Ottersbach, Thomas Schadt (Hg.) Filmproduzentenbekenntnisse, Konstanz 2010,S. 209

(20) Kammann Uwe et al., Im Spannungsfeld, Zur Qualitätsdiskussion öffentlich-rechtlicher Fernsehprogramme (2007) https://www.grimme-institut.de/publikationen/studien/p/d/im-spannungsfeld/ S.61ff

(21) Spiegel, 9.2.19 S. 58 „Sozialer Frust“

(22) s. Anm. 20, S. 103f

(23) Zitiert nach: Thesen zur medialen Grundversorgung (Anm. 2) S. 11

(24) Kepplinger, Hans Mathias, Entsprechen die Programme der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstalter den Ansprüchen? (hier: Pkt. VI Schlußfolgerungen). Bittburger Gespräche 2007

(25) Nietzsche, Friedrich, Menschliches Allzumenschliches Nr. 468

(26) Eicher, Hermann, Von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag. Media Perspektiven 12/2012 S.616

(27) http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html103 Rn 103 und 105

(28) Erste Ideen zur Arbeit von Bürgerräten finden Sie in meinem Aufsatz: „Der Aufstand der Besonnenen“: https://philosophischeberatung.berlin/buergerraete/ –

(29) Bertram (s. Anm.1) 157ff

(30) Offe, Claus, Falsche Antworten, verlogene Fragen. In: Kemper, Peter (Hrsg), Opfer der Macht, müssen Politiker ehrlich sein? Frankfurt a.M. 1994, 131f (31) ebd 132 (32) ebd 137f

(33) https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/herausforderungen-fuer-oeffentlich-rechtliche-sender-das-ende-der-zukunftssimulation/24165112.html

(34) https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/zukunft-des-oeffentlich-rechtlichen-rundfunks-den-digitalen-citoyen-wahr-werden-lassen/24238316.html

(35) Grundversorgung 2.0 (Anm. 2) – Zu diesem Thema auch der Medienwissenschaftlicher Herrmann Rotermund: http://www.carta.info/83516/ard-zdf-cloud-tv-ein-gutachten-wie-ein-requiem/

(36) Hoffmann-Riem, Wolfgang, Re:claim Autonomy, die Macht digitaler Konzerne, in: (Hrsg.) Jakob Augstein, Reclaim Autonomy, Selbstermächtigungen in der digitalen Weltordnung,. Frankfurt a.M. 2017

(37) Pörksen, Bernhard, Die große Gereiztheit, Wege aus der kollektiven Erregung. München 20182

(38) Walter Hömberg, Rundfunk der Bürger, https://ioer.org/wp-content/uploads/2017/07/2003-tagung-hoemberg.pdf

(38a) Bertram (s. Anm.1a) S. 70f. – (38b) Bertram ebd. 72. – (38c) Bertram ebd. 83. – (38d) Bertram ebd. 46f

(40) Heiko Hilker: http://carta.info/zwolf-gedanken-zur-reform-der-rundfunkgremien/

(41) Grundversorgung 2.0 (s. Anm. 2), S. 8ff und 16ff

(42) Lutz Hachmeister et al. 07.01.2019 https://www.medienkorrespondenz.de/leitartikel/artikel/das-kalkulierte-vakuum-der-deutschennbspmedienpolitik.html Abschnitte „Neue Strategien und Modelle“.
– Einen Eindruck von Stärken und Schwächen der Gremienarbeit vermittelt: Heide Langguth: „… Kontrolle ist besser“ – aber wie? Zur Rolle und Funktion der Rundfunkräte, in: Franz Werneke (Hrsg), Die bedrohte Instanz. Positionen für einen zukunftsfähigen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, ver.di 2005.
– Ganz aktuell: Hermann Rotermund: https://netzpolitik.org/2019/neues-aus-dem-fernsehrat-43-losen-oder-waehlen-ein-streitgespraech-ueber-eine-demokratischere-medienaufsicht/

(43) http://www.forum-allgemeinbildung.ch/files/Wie_waere_es_gebildet_zu_sein.pdf

(44) Longerich, Peter, „Davon haben wir nichts gewußt“, die Deutschen und die Judenverfolgung, München 2006

(45) Breuning, Christian, Programmqualität im Fernsehen. Media Perspektiven 3/1999

(46) Montaigne, Michel de, Über die Trunksucht, in: Essais (1580), Frankfurt a.M. 1998 (Eichborn), S. 168

(47) https://www.derwesten.de/auto/experten-fordern-von-ard-rueckkehr-von-sendung-der-7-sinn-id11591812.html

(48) Qualitäts- und Erfolgsmessung in einem öffentlich-rechtlichen Medienhaus Von Gerlinde Frey-Vor* S.107 Media Perspektiven 2/2017

(49) Weir, Andy, Der Marsianer, München 2014. (Die Verfilmung des Romans eines um sein Überleben kämpfen- den Astronauten gibt nur einen sehr schwachen Eindruck vom „astronautischen Denken“. Da empfiehlt sich die Lektüre.)

(50) Spiegel Nr. 27 (29.6.2019) S. 56ff

(51) Meine Besprechungen von „Das Verschwinden“ und „Schokolade für den Chef“:

(52) Arte bildet nicht, Arte füllt ab: https://www.goethesfaust.com/was-arte-bildung-nennt/

(53) https://www.sueddeutsche.de/medien/zur-misere-der-oeffentlich-rechtlichen-das-problem-heisst-intendantenfernsehen-1.1170662

(54) „Filmproduzentenbekenntnisse“ (s. Anm. 12) S. 58 und 56 – (55) ebd. S. 80f

(56) https://www.ard.de/download/682560/ARD_Bericht_2017_18_und__Leitlinien_2019_20_fuer_Das_Erste.pdf

(57) Willke, Helmut, Dezentrierte Demokratie, Prolegomena zur Revision politischer Steuerung. Frankfurt a.M. 2016

(58) ebd. S. 36 (59) ebd. S.96 (60) ebd. S.57 (61) ebd. S. 94 (62) ebd. S.15; S.19ff; S. 29f; S.45
(63) ebd. S.41 (64) ebd. S. 19f

(65) Herles, Wolfgang, (renommierter ehemaliger Fernsehjournalist des ZDF), Die Gefallsüchtigen, München 2015, zur Griechenlandkrise: 48f u.142. Weitere Hinweise auf defizitären Journalismus: 36f und 209f.

(66) Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zum Rundfunkbeitrag, vom 15. Mai 2014, Satz 98

(67) Bewußte Anlehnung an die Diktion von ARD-Justiziar Dr. Eicher in: S Anm.21

(68) Kirchhof Gutachten (Anm.1), S. 38 f: „Je mehr sich die individuelle Finanzierungsverantwortlichkeit eines Beitragsschuldners in allgemeinen Vermutungen und Typisierungen verflüchtigt, die persönliche Finanzierungsverantwortlichkeit des Abgabenschuldners sich also in der Allgemeinheit einer Gemeinlast verliert, desto mehr nähert sich der Beitrag der Steuer“.

(69) Marcinkowski, Frank, Politikvermittelung durch Fernsehen und Rundfunk, in: Ulrich Sarcinelli, Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, S. 167

(70) Grundversorgung 2.0 (Anm. 2), S.13

(71) http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html Rn 78

(72) ebd. Rn 76 (79) (73) ebd. Rn38 (74) ebd. Rn 44

(75) Auch E. Elitz verstand die Gebühr so. S. Bertram (Anm.1) S. 230

(76) http://www.bverfg.de/e/rs20180718_1bvr167516.html Rn 78 Rn 91

(77) Kube, Hanno, Der Rundfunkbeitrag, Mainz 2013 https://www.ard.de/download/401140/Rechtsgutachten__Der_Rundfunkbeitrag___rundfunk__und_finanzverfassungsrechtliche_Einordnung.pdf

(78) Ludwik Fleck, einer der Pioniere der modernen Wissenschaftstheorie schreibt: „Der Denkstil besteht … aus einer bestimmten Stimmung. …sie ist Bereitschaft für selektives Empfinden… Zugehörig einer Gemeinschaft erfährt der kollektive Denkstil die soziale Verstärkung … die allen gesellschaftlichen Gebilden zuteil wird. … Er …bestimmt, was nicht anders gedacht werden kann. … Die organische Abgeschlossenheit jeder Denkgemeinde geht parallel einer stilgemäßen Beschränkung der zugelassenen Probleme: es müssen immer viele Probleme unbeachtet oder als unwichtig oder sinnlos abgewiesen werden“. – Aus: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, (1935), Frankfurt a.m. 1980, S. 130 u.137

(79) Schönberg, Arnold, Harmonielehre (1922), Universal Edition, Auflage 1986, S.193

 

 

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