Kritik am Film „Elser. Er hätte die Welt verändert“, von Oliver Hirschbiegel.

Georg Elser, einer der bedeutensten deutschen Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime hätte einen besseren Film verdient, einen weit besseren. – Sicher: Hirschbiegels Film zeigt einiges, wofür ich dankbar bin, was mir die Nazizeit besser vorstellbar macht. Insofern: Applaus. Aber:

Leere Längen, überflüssige Bilder von Haut und Blut, zu Lasten dessen, worauf es ankäme: nachvollziehbarer zu machen, wie ein eigener Kopf möglich ist, ein Kopf, der ganz allein eine folgenschwere Entscheidung trifft, über einen langen Zeitraum stetig unter Lebensgefahr daran arbeitet und die Verantwortung dafür übernimmt – alles im Alleingang.

Ohne Zweifel: Der Film hat gute Ansätze. Die können es doch! Warum diese typischen DEGETO-Kompromißbildungen? Habe ich völlig unrealistische Vorstellungen vom Möglichen? Oder haben die Macher keinen Arsch in der Hose? – Warum sind die deutschen Filmemacher so brav? (Und die Filmemacherinnen nicht minder.) Warum kein öffentlichkeitswirksamer Protest gegen die Produktionsbedingungen? Es muß doch unbefriedigend sein, keine Möglichkeiten zu bekommen, über mittelmäßige, durch und durch kompromißhafte Werke mal hinauszugehen!

Warum zeigen die den Zuschauern immer soviel von dem, von dem sie glauben, daß die Zuschauer es sehen wollen? Warum kriegen die Zuschauer nie etwas von dem zu sehen, von dem die Macher die Phantasie haben, daß die Zuschauer es nicht sehen wollen – geschweige denn von dem, von dem die Zuschauer selber glauben, daß sie es nicht sehen wollen? – Unfaßbar, was den Zuschauern alles vorenthalten wird!

Wieso gibt es eine Serie „Babylon Berlin“ mit einer langweilenden Aneinanderreihung von längst überstrapaziertem Sex-and-Crime-Entertainment – aber keinen Mehrteiler über Elser?

Sicher, da müßte man weit mehr recherchieren, z.B. über die Psychologie eines „eigenen Kopfes“: über die psychologischen Voraussetzungen von reifer Nonkonformität und Autonomie. Es müßten die großen Lücken in dem, was von Elsers Leben überliefert ist, fiktiv überzeugend gefüllt werden; möglicherweise bräuchte man mehrere Schriftsteller denen man diese Aufgabe überträgt und müßte das beste Ergebnis auswählen. Möglicherweise wäre das ein Roman und noch kein Drehbuch und es bräuchte weitere Künstler, ein Filmkunstwerk daraus zu machen. – Ja, es wäre sehr aufwändig und sehr abenteuerlich. – Georg Elser, einer, ein Einzelner, der unter Einsatz seines Lebens beinahe die Welt vor einer ihrer größten Katastrophen bewahrt hätte, Georg Elsner war das den Künstlern und Produzenten nicht wert.

Link zum Wikipedia-Eintrag zu Georg Elser.

Link zur Zusammenfassung meiner Kritik an ARD und ZDF (Erwiderung auf eine Antwort der Intendantin Frau Prof.Dr. Carola Wille auf eine Offene Frage von mir.)

 

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