Anmerkungen

Warnhinweis für Freunde der deutschen Sprache

  • Was in die Sprache Eingang gefunden hat, gehört dazu: hat aufgrund der Kontexte  seiner Verwendung Konnotate und schafft eine ganz bestimmte Atmosphäre.
  • Wie blödsinnig auch immer das Motiv war, das einem Fremdwort Eingang ins Deutsche verschafft hat: ist es erst einmal da, kann man es nutzen, um Zusammenhänge, Verwandtschaften und Familienähnlichkeiten deutlich zu machen.
  • Die Quelle der blödsinnigen Anglizismen liegt in unserer Wirtschaftsweise, die immer angewiesener darauf wird, Konsumbedürfnisse und Konsumbereitschaft zu erzeugen. Dafür müssen Unsinnigkeiten interessant und Flachpfeifen wichtig gemacht werden, dafür müssen konsummotivierende Zugehörigkeiten geschaffen und identifizierbar gemacht werden. In diesem Zusammenhang entsteht ein Bedarf an „Kult“-Sprache…
  • Der Ansatz der Kritik an der gesprochenen Sprache ist naiv und erinnert an die Ironie, mit der der Strukturkonservatismus den Wertkonservatismus unterläuft, wie z.B. in den 80ziger Jahren: Die Katholiken empörten sich über die Sittenlosigkeit des Kabelfernsehens, doch sie hatten 1983, wie immer, jene „konservative“ Partei gewählt, die die Einführung des Privatfernsehens in Deutschland forciert hatte und vor der Wahl unverblümt damit auf Stimmenfang gegangen war. Die SPD verlor die Wahl – Helmut Schmidt hatte öffentlich über die Einführung eines fernsehfreien Abends nachgedacht, zur Förderung des Familienlebens…

Kontraintuitiv

„Kontraintuitiv“ ist ein Begriff aus der Wissenschaftsgeschichte, er bezeichnet Erkenntnisse, die der „Intuition“, die den Alltagserfahrungen zugrunde liegt, zuwiderlaufen. So war es für die Intuition mittelalterlicher Menschen nicht zu fassen, daß die Erde keine Scheibe ist. Man dachte: wenn die Erde eine Kugel wäre, müßten die Menschen auf der anderen Seite doch herunterfallen! Zudem sah man ja gar keine Krümmung. Nur Narren konnten behaupten, daß die Erde eine Kugel sei, glaubte man.

„Kontraintuitiv“ in der Musik war, keine Melodien mehr zu schreiben sondern mit Hilfe der Zwölftontechnik Musik gleichzeitig horizontal und vertikal zu „konstruieren“.

„Kontraintuitiv“ in der Dramaturgie bedeutet: nicht texttreu zu inszenieren, sondern die „intuitiven“ Formen, mit Texten umzugehen, aufzulösen oder etwas ganz anderes an ihre Stelle zu setzen. Nur fragt sich: was? Und wie kann sich dann noch dem Zuschauer vermitteln, was für ein Sinn die Inszenierung leitet? (Dazu ein Zitat von Joachim Meyerhoff, Zeit-Interview vom 11.12.08: „Ich plädiere überhaupt nicht für texttreues Theater, aber ich will, wenn dekonstruiert wird, den Preis der Zerstörung sehen auf der Bühne. Den Verlust und den Schmerz den es bedeutet, eine alte Form aufzugeben… sonst ist es bloßer Jux.“

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