Den Kindern in Gaza

Das Existenzrecht Israels ist mir heilig, zumal als Deutscher!

Doch wenn tausende Zivilisten getötet werden, um ein paar Kämpfer zu treffen, dann kann ich dazu nicht schweigen.

Auch für die Verteidigung ist nicht alles erlaubt. Die gegenwärtige israelische Regierung begeht Kriegsverbrechen und sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen.

Ich war schon als Kind mit Israel identifiziert: Als Israel 1973 am höchsten jüdischen Feiertag überfallen wurde, schrieb ich als Zwölfjähriger an die Wand meines Kinderzimmers: „Israel soll gewinnen!“ – Grundsätzlich stehe ich dazu immer noch: Israel soll gewinnen, ja, aber nicht so!!!

Deshalb stehe ich jetzt hinter den Kindern in Gaza. Zumal als Deutscher!

 

Nachtrag 14.06.2025,  zum Angriff der iranischen Atomanlagen

Es ist kaum möglich, ohne Experte zu sein, sich ein Urteil zu erlauben. – Dennoch finde ich eine unkritische Rechtfertigung der Zerstörung des iranischen Atombombenprogramms nicht richtig. Denn es gibt Fragen:

  • 2018 wurde das Abkommen zur Kontrolle der iranischen Atomanlagen von den USA einseitig gekündigt, ohne daß es Belege gab, daß Iran gegen das Abkommen verstoßen hätte. – Gäbe es also überhaupt eine Weiterentwicklung des Atombauprogramms, wenn das Abkommen nicht gekündigt worden wäre?
  • Die Atomanlagen zu zerstören ist das eine. Das hat zweifellos an sich eine Legitimität. – Ohne Kriegserklärung iranische Militärangehörige gezielt zu töten ist dagegen völkerrechtswidrig, zumal der Zusammenhang mit dem Atomprogramm nur indirekt ist und bei den Anschlägen offenbar auch duzende Zivilisten getötet wurden. – Dieses Unrecht muß benannt werden, auch von der deutschen Regierung!
  • Wenn in Reaktion auf die iranische Reaktion jetzt auch Öl- und Gasfelder im Iran bombadiert werden, und sogar gedroht wird, Teheran zu bombadieren, das im Gegensatz zu Israel so gut wie keine Flugabwehr besitzt, dann scheint mir eine Grenze zu mutwilliger Aggression und weiteren Kriegverbrechen überschritten. – So scheint mir, aber ich muß zugeben: beurteilen kann ich das nicht.
  • Doch sollte meines Erachtens die Frage untersucht werden, inwiefern die israelische Regierung nicht schon längst die Verteidigung Israels bloß vorschiebt, um ihrer Aggression freien Lauf zu lassen, weit über das Erforderliche und Gerechtfertigte hinaus. – Wenn das der Fall wäre, würde die israelische Regierung die Unterstützung, die sie für die Verteidigung Israels erhält, mißbrauchen, und es sollte überlegt werden, diese Unterstützung bis zu einem Friedensschluß einzustellen – es sei denn, es würde doch wider Erwarten noch eine Entwicklung eintreten, die die Existenz Israels bedroht. – Wie gesagt: Ich kann das alles nicht beurteilen, aber diese Gedanken drängen sich mir auf. Zumal:
  • Die hohe militärische Überlegenheit, die Israel gerade wieder unter Beweis gestellt hat, gibt die Frage auf: Warum Gaza – das nicht viel größer ist als Berlin! – nicht in wenigen Wochen erorbert wurde sondern dort seit mehr als eineinhalb Jahren ein Krieg geführt wird, der fast nur noch zivile Opfer fordert, ein Krieg, der also fast nur noch aus Kriegsverbrechen besteht. – Es müßte natürlich die israelische Regierung dazu gehört werden.
  • Überhaupt ist die Frage, wieso die Hamas im Herbst 2023 Israel überfallen konnte. Ein so eklatantes Versagen des israelischen Sicherheitssystems hätte eigentlich zu einem Rücktritt der Regierung führen müssen. – Eine andere Regierung hätte Israel durch eine besonnenere Reaktion besser geschützt, weil weniger Wut entstanden wäre und entstehen würde, und dadurch weit früher eine Chance auf nachhaltigen Frieden in der Region erwachsen würde.
  • Natürlich hat die Hamas als erste Kriegverbrechen begangen, und es stellt sich die Frage, wieso sie nach dem Krieg 2014 noch so bescheuert sein konnte. Wer von einem Kampfhund schonmal fast zerfleischt wurde und ihn dann doch wieder reizt, dem ist nicht helfen. – Aber als Außenstehender habe ich gut reden und fragen. Es müßte hier jemand von der Hamas dazu gehört werden.

(„Es ist des Richters erste Pflicht, Beschuldigte zu hören“, läßt Goethe Helena sagen, als Faust einen pflichtvergessenen Wächter ihr zur Verurteilung übergibt (Akt 3)

Hier Links zum derzeitigen Sicherheitsminister Israels Itamar Ben-Gvir , der verurteilt wurde wegen „Anstiftung zum Rassismus und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ (Quelle: Jerusalem Post): Wikipedia  Jüdisches Museum München  Ein Kommentar von mir zu Itamar Ben-Gvir am Ende dieses Beitrags.

Zusatz: Der Internationale Strafgerichtshof führt für „Kriegsverbrechen“ unter anderem folgende Kriterien an:

Art. 7 Ziffer 2 b
die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen [6]  – unter anderem das Vorenthalten des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Medikamenten – , die geeignet sind [7] , die Vernichtung eines Teiles der Bevölkerung herbeizuführen;

Art. 8 2 b iv
vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;

Quelle: https://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html

Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß der Überfall der Hamas auf Israel ebenfalls Kriterien von Kriegsverbrechen erfüllt.

Weiterlesen: Ein Artikel, in der die Bombardierung Gazas 2014 problematisiert wird:

Schildbürger auf Kriegspfad: Das Böse, das Ewig-Männliche, der Islam und Goethe

Weiterlesen:  Artikel auf Wikipedia über den Jom-Kippur-Krieg 1973

Kommentar zu Itamar Ben-Gvir nach einem Bericht in der Arte-Mediathek (verfügbar bis 17.10.25)

Ben-Gvir wirkt auf mich ausgesprochen sympatisch: er ist offenbar ein Ausbund von Lebensfreude und Lebensbejahung. Das erklärt seinen Erfolg vor allem bei männlichen Jugendlichen: Ben-Gvir ist in erster Linie nicht gegen was sondern für was: für eine quirlige, lebensfrohe Entfaltung der Menschen jüdischen Glaubens. Seine Aggression scheint nicht neurotischer Art zu sein, wie bei den Nazis, die hochneurotisch für nichts anderes zu leben schienen als für ihren Haß; sondern Ben-Gvir wirkt, als sei er einfach bloß ungehalten über alles, was sich der Ausbreitung jüdischen Lebens in den Weg stellt. Würden die Palestinenser den Juden weichen, hätte Ben-Gvir wohl nicht das Geringste gegen Palestinenser. – Die Kehrseite: Weichen sie nicht, glaubt er, gegen sie rücksichtslos verfahren zu dürfen.

Wenn meine Vermutungen stimmen, dann handelt es sich um ein typisches Zeichen einer zivilisatorischen Unreife, die noch Unterschiede zwischen Binnen- und Außenmoral kennt: Moral, die für die eigenen Leute gilt und Moral, nach der man mit andern verfahren darf.

Ben-Gvir hat nach meinem Eindruck viel Wahrheit auf seiner Seite. Aber leider ist er ein weiteres Beispiel dafür, wie selbst viel Wahrheit sich verbinden kann mit Beschränktheit, Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegen Leben und Leid anderer Menschen.

Ich finde es traurig zu sehen, wie hier ein engagierter Mensch das, was ihm am meisten am Herzen liegt, die Sicherheit Israels, selber torpediert, weil er zehntausendfaches Leid über die Palestinenser bringt und damit für eine nachhaltige Unsicherheit Israels sorgt: Ben-Gvir tut alles, wirklich alles dafür, daß die Feindschaft zwischen den Brüdervölkern (ihre Sprachen unterscheiden sich nicht mehr als Deutsch und Dänisch) in die nächsten Generationen fortgewirkt wird.

 

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